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Armee birgt und entsorgt Handgranaten aus dem Rotsee

Taucher des Bereiches Kampfmittelbeseitigung der Armee haben kürzlich rund 20 Handgranaten aus dem Rotsee LU geborgen. Die Sprengkörper aus dem Ersten Weltkrieg waren nach einem Explosionsunfall 1916 in den See gelangt. Nach der Bergung werden die Granaten fachgerecht entsorgt.

14.09.2020 | Kommunikation Verteidigung, Fahrettin Calislar

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Fachkundige Taucher der Armee bergen Handgranaten aus dem Rotsee und übergeben sie ihren Kollegen auf einem Spezialboot (nachgestellte Szene). (Fotos: VBS/DDPS, Stefan Meienhofer)

Trüb-grün liegt er ruhig da, der Rotsee, das Ruderparadies bei Luzern. In Ufernähe, einen Steinwurf der Rotsee-Badi entfernt: Zwei Taucher geben sich ein Zeichen und tauchen ab. Dann sind nur noch Blasen zu sehen. Spezialisten des Kommandos Kampfmittelbeseitigung (KAMIR) der Armee haben an diesem Tag rund 20 Sprengkörper aus der Zeit des Ersten Weltkriegs geborgen. «Das ist nicht viel», räumt Christian Bärtschi, Kommunikationschef der Luzerner Polizei, die bei der Aktion den Lead hat, ein. Die Taucher konnten wegen der schlechten Sichtverhältnisse im See weniger Granaten bergen als erhofft.

Die Sprengkörper liegen zum Teil nur wenige Meter vom Ufer entfernt; einige versunken im Schlick, andere gut sichtbar, wie Oberstleutnant Alex Spora, Chef Einsatz KAMIR, die Situation unter Wasser beschreibt.

Fünf Todesopfer

Die Kampfmittel sind Überreste einer Explosion am Nachmittag des 20. Oktober 1916 im Munitionsdepot der privaten Firma Siegwart. Fünf Menschen starben. Eine unbestimmte Anzahl von Handgranaten wurde durch die Wucht auch in den See geschleudert. Weitere Granaten wurden wohl nachträglich im See entsorgt. Die Armee testete das Modell damals zwar, hat die Granaten aber nicht in ihre Bestände übernommen.

Zurück zur kleinen Bucht: Die Taucher sicheren die Auslöser mit einem Kabelbinder und legen die Sprengkörper in mit Wasser gefüllte Munitionskisten. Diese werden in einem Militärlastwagen in eine Blindgängertransporteinheit gelegt, eine hermetisch abschliessbare Metallglocke. Anschliessend werden sie bei der RUAG in Altdorf fachgerecht und in einem aufwändigen Verfahren entsorgt.

Geringe Gefahr, aber Restrisiko bleibt

Solange die Granaten im Wasser liegen und der Auslöser nass ist, ist das Explosionsrisiko gering, so Spora. «Es kann aber sein, dass der Mechanismus noch funktionsfähig ist und explodiert, wenn er trocknet.» Vorsicht sei angebracht: «Jedes Objekt muss einzeln beurteilt und entsprechend behandelt werden», so Spora.

Er sei zufrieden mit der Aktion, so Spora, obschon der See noch immer nicht frei von Kampfmitteln sei. Die Polizei schätzt die Zahl der Granaten im See auf rund 10'000. Etwa 1700 Sprengkörper wurden zwischen 1979 und 2019 geborgen und entsorgt. Polizeisprecher Bärtschi tönt an, dass es weitere Suchaktionen geben wird.

Die kantonalen Behörden hatten für die Bergung die Armee um Unterstützung gebeten. Und diese kommt zu Hilfe, wenn sie angefordert wird.

Das Handgranatenunglück von 1916

20. Oktober 1916: Kurz nach 16 Uhr fliegt am Rotsee ein Munitionsdepot in die Luft. Die Unfallursache blieb unklar. Tausende von Granaten flogen durch die Luft und fielen in der Umgebung nieder, ein Teil von ihnen landete im See. Bei der betroffenen Munition handelte es sich um ein Versuchsmodell, ein Patent des Luzerner Erfinders und Architekten Hans Siegwart, die Defensiv-Handgranate «DHG 16» mit 80 Gramm Chloridsprengstoff und Splittermantel. Als Folge der Aufrüstung im Rahmen des Ersten Weltkrieges hatte der Bundesrat 50'000 Handgranaten aus der Siegwart-Produktion bestellt. Die Armee entschied sich nach dem Unfall für ein anderes Modell, die DHG 17.

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