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Die Implementierung von DDR-Prozessen im Feld unterstützen

Die Disarmament, Demobilization and Reintegration Section (DDRS) am UNO-Hauptquartier in New York verfolgt weltweite DDR-Operationen, sammelt Erfahrungen aus dem Feld und bietet Richtlinien sowie technische Unterstützung für die Gestaltung, Planung und Implementierung von DDR-Prozessen an. Zusätzlich überarbeitet die DDR-Sektion gemeinsam mit Partnern regelmässig DDR-Standards und Ausbildungskurse, damit auf neuste Entwicklungen eingegangen werden kann.

03.06.2021 | Marc Schibli, DDR Training Officer, UN HQ in New York

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Vor seiner Tätigkeit als DDR Training Officer in New York engagierte sich Marc Schibli als DDR-Experte in der UNO-Mission in der Demokratischen Republik Kongo. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die Zerstörung der eingesammelten Waffen zu kontrollieren.


DDR-Teams im Feld unterstützen einerseits das freiwillige Niederlegen von Waffen sowie das Verlassen bewaffneter Strukturen und helfen andererseits ehemaligen Kombattanten sowie anderen Angehörigen bewaffneter Gruppierungen bei der Wiedereingliederung als Zivilisten in die Gesellschaft. Während die DDR-Programme der ersten Generation in den 1990er Jahren auf Nachkriegszeiten ausgelegt waren und regelmässig auf ein Friedensabkommen, politischen Willen, Vertrauen in den Friedensprozess und ein Mindestmass an garantierter Sicherheit angewiesen waren, hat sich die Dynamik bewaffneter Konflikte über die Jahre verändert. Heutige Krisenherde sind nicht selten durch sporadisch aufflammende Kampfhandlungen, fehlende Friedensverträge, eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure mit divergierenden Zielen, wechselnden Allianzen, unklaren Befehlsstrukturen und Verbindungen zur organisierten Kriminalität sowie gewalttätigem Extremismus gekennzeichnet. 

Die UNO hat deshalb eine Reihe von DDR-verwandten Instrumente geschaffen, die flexiblere Lösungen für die unterschiedlichen heutigen Krisensituationen anbieten. Ein solches Beispiel sind Community Violence Reduction Programme, welche von der lokalen Bevölkerung identifiziert, priorisiert und gegen Entgelt umgesetzt werden. Das Zusammenführen von Ex-Kombattanten, Jugendlichen und Frauen hat zum Ziel die Gewalt zu reduzieren, fördert den sozialen Zusammenhalt, verhindert die (erneute) Rekrutierung und kann den Weg für ein traditionelles DDR-Programm ebnen. 

Die DDR-Sektion am UNO-Hauptquartier in New York unterstützt die DDR-Teams im Feld und teilt sich in drei Verantwortungsbereiche auf, welche den drei grössten friedensfördernden Missionen mit einem DDR-Prozess entsprechen: MINUSMA (Mali), MONUSCO (Demokratische Republik Kongo) und MINUSCA (Zentralafrikanische Republik). Parallel zu den regionalen Zuständigkeiten arbeitet die DDR-Sektion an verschiedenen teamübergreifenden Projekten. 

Die Inter-Agency Working Group on DDR, welche sich aus 26 UNO-Abteilungen zusammensetzt, veröffentlichte 2006 die Integrated DDR Standards (IDDRS). Die IDDRS geben die anerkannten Regelungen und Verfahren der UNO im Bereich DDR wieder, basieren auf Felderfahrungen aus diversen Missionen und decken alle wichtigen Aspekte des DDR ab. Da neuere Konflikte immer komplexere Anforderungen an DDR-Tätigkeiten stellen, hat der Aufgabenkatalog entsprechend zugenommen, weshalb die IDDRS regelmässig angepasst und erweitert werden. Aktuell arbeitet die Sektion zusammen mit anderen Mitgliedern der Inter-Agency Working Group on DDR an einer Totalrevision.

Da die IDDRS als das Standardwerk im Bereich DDR gilt, muss dieses Wissen an DDR-Praktiker vermittelt werden. Eine solide Ausbildung zu den neuen Standards und Herangehensweisen der UNO sind essentiell für die operationelle Bereitschaft. Deshalb müssen DDR-Kurse entsprechend angepasst und auf den neuesten Stand gebracht werden. Als DDR Training Officer beurteile ich den Trainingsbedarf der DDR-Gemeinschaft, koordiniere und unterstütze die Organisation und Durchführung von DDR-Ausbildungskursen und verwalte das Trainingsbudget. Diese Kurse werden von einem Netzwerk verschiedener Trainingszentren und Institute angeboten, die auf dem DDR-Gebiet tätig sind: die sogenannte Integrated DDR Training Group (IDDRTG). Aktuell haben das Kofi Anan International Peacekeeping Training Center in Ghana, wo sich ebenfalls Schweizer Offiziere befinden, und die schwedische Folke Bernadotte Academy den Vorsitz über die IDDRTG. 

Während solche Ausbildungskurse vor der Pandemie noch an verschiedenen Orten auf der Welt durchgeführt wurden, mussten aufgrund von COVID-19 im vergangenen Jahr viele Schulungen auf unbestimmte Zeit verschoben, abgesagt oder als reine Online-Kurse neu entwickelt werden. Erste Erfahrungen mit virtuellen Ausbildungen haben gezeigt, dass Lerninhalte zwar vermittelt werden können und auch Gruppenarbeiten und Erfahrungsaustausch möglich sind, dass aber der wichtige zwischenmenschliche Aspekt einer Ausbildung fehlt. Bis wir wieder Feldbesuche tätigen und Kurse vor Ort anbieten können, passen wir unsere Arbeit und unser Angebot an die aktuelle Situation an.

Weitere spannende Berichte aus der Welt der Friedensförderung im Swiss Peace Supporter Magazin 1/21

 

 


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