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MitteilungVeröffentlicht am 7. November 2024

Die Kampfmittelbeseitiger der Schweizer Armee

Das Kommando KAMIR des Kompetenzzentrum ABC-KAMIR ist zuständig für den Fähigkeitsaufbau und -erhalt im Bereich Kampfmittelbeseitigung und Minenräumung. Die Spezialisten des Kommandos KAMIR betreiben in der Schweiz die Nationale Blindgänger-Meldezentrale, halten sich für militärische Kampfmittelbeseitigungseinsätze bereit und sind in Schlüsselpositionen der humanitären Minenräumung sowie für friedensfördernde Operationen weltweit im Einsatz.

Schweizer EOD-Spezialisten sind sowohl in militärischen als auch in humanitären Missionen einsetzbar.

Text und Fotos Oberst Alex Spora, Kommandant KAMIR, ABC Zentrum in Spiez

Leider ist die Bedrohung durch Sprengstoffe noch nicht vorbei. In aktuellen Konflikten wird eine neue Generation von militärischen Kampfmitteln entwickelt und getestet. Trotz internationaler Konventionen werden neue Minen, Minenlegesysteme und Submunition eingeführt. Staatliche oder staatlich geförderte Kräfte werden zunehmend mit modernen Sabotagevorrichtungen und Sprengfallen ausgestattet. Die Bedrohung durch improvisierte Sprengsätze besteht nicht nur in Konflikten mit geringer Intensität oder bei friedensfördernden Einsätzen, sondern auch in Szenarien mit hoher Intensität, in denen die Flanken und Rückseiten einer kämpfenden Truppe Schikanen und irregulären Kriegstaktiken ausgesetzt sind.

Vielschichtige Kontamination mit Kampfmittelrückständen

Truppen, die keine Mittel zur Suche oder keine klaren Bewegungslinien haben, werden in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt und könnten unverhältnismässig hohe Verluste erleiden. Hindernisse können vermint oder mit Sprengfallen versehen sein, und mögliche Sammelplätze, Zufahrtswege oder passages obligés können mit ferngesteuerten Minenabwurfsystemen oder Streumunition beschossen werden. Inmitten des Kampfgefechts vermischen sich die alten Munitionsbestände mit den neuen. Artilleriegeschosse, Raketen und Flugkörper schlagen unter den feindlichen Infanteriestellungen, die mit Besatzungswaffen ausgestattet und durch Minen geschützt sind, ein. Mit Munition beladene Kampffahrzeuge werden beschädigt und aufgegeben. Loitering-Munition und Drohnen erweitern die ohnehin schon breite Palette der eingesetzten Kampfmittel noch. Das Ergebnis nach Kämpfen ist eine vielschichtige Kontamination mit explosiven Kampfmittelrückständen. Diese wird Monate oder sogar Jahre an Räumungsarbeiten erfordern.

Spezialisten der Kampfmittelbeseitigung sind erforderlich

Nach dem Krieg soll die örtliche Bevölkerung so schnell wie möglich in ihre Häuser und an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Dabei kommt sie mit Minen, nicht explodierten oder zurückgelassenen Sprengkörpern sowie mit Sprengfallen und improvisierten Sprengsätzen, die von den Kriegsparteien zurückgelassen wurden, in Kontakt. Es treten Unfälle auf. Und nicht selten sind es die verwundbarsten Personen der Gesellschaft, die davon betroffen sind. Örtliche Räumungsdienste haben Mühe mit ihrer Aufgabe Schritt zu halten. Neben der Kontamination mit explosiven Kampfmittelrückständen müssen auch verlassene Munitionslager und -depots, einschliesslich solcher, die durch Kampfhandlungen beschädigt wurden, bewertet, gesichert und letztendlich geräumt werden. Die Bekämpfung einer explosiven Bedrohung sowie die Aufräumarbeiten nach einem Krieg müssen kohärent geplant und koordiniert sein. Dies stellt eine gewaltige Aufgabe dar und erfordert spezielle technische Fähigkeiten, Erfahrung und solide Kenntnisse im Bereich der Räumungsarbeiten. Hier kommen die Spezialisten für Kampfmittelbeseitigung (Explosive Ordnance Disposal=EOD) des Kommandos KAMIR zum Einsatz.

Ausbildung zum EOD-Spezialist

Nach der Selektion müssen die angehenden EOD-Spezialisten eine einjährige Grundausbildung absolvieren. Sie endet mit einer intensiven Abschlussprüfung unter Aufsicht internationaler Experten. Bei erfolgreichem Bestehen werden sie einem EOD-Kommando für den operationellen Einsatz zugeteilt, wo sie Räumungsaufgaben auf ehemaligen und aktiven Zielgebieten ausführen oder konventionelle Munitionsentsorgung in der Schweiz betreiben. Nach einigen Jahren im Einsatz können sie ihre Fähigkeiten durch Zusatzausbildungen erweitern, zum Beispiel in den Bereichen Beseitigung unkonventioneller Sprengstoffe, humanitäre Minenräumung, EOD unter Wasser, waffentechnische Aufklärung oder chemische, biologische, radiologische und nukleare Stoffe. Eine Karriere im Kommando KAMIR dauert in der Regel ein Leben lang und viele Spezialisten bleiben bis zur Pensionierung im Dienst.

Einsatz in der Friedensförderung erweitert Know-how

Der Auslandseinsatz erweitert das Erfahrungsfeld des EOD-Spezialisten erheblich, entweder in einem militärischen Kontext wie bei der SWISSCOY KFOR in Kosovo oder weltweit als Sachbeitrag zu humanitären Antiminenprogrammen. Bei solchen Einsätzen werden sie mit neuen oder bisher unbekannten Arten von Kampfmitteln konfrontiert und lernen mit ihnen umzugehen. Sie erwerben neue technische und taktische Fähigkeiten, lernen auch selbstständig zu handeln, wo logistische oder taktische Unterstützung nicht unbedingt gegeben ist. Die Fähigkeit effektiv mit lokalen Akteuren, Sicherheitskräften und der Bevölkerung zusammenzuarbeiten, ist von wesentlicher Bedeutung. Genauso wie zu improvisieren und sich an neue Einsatzumgebungen oder Einsatzorte anzupassen. Im weiteren Verlauf ihrer Karriere können EOD-Spezialisten als technische Berater für Aufklärungsprogramme arbeiten oder sogar Funktionen auf der Managementebene übernehmen.

Erfahrungen aus dem Auslandeinsatz fliessen in die Armee zurück

Die EOD-Spezialisten kehren mit wertvollen Erfahrungen aus solchen Einsätzen in das Kommando KAMIR zurück und geben ihr Wissen an die übrigen Kommandos weiter. Sie sind auf dem neuesten Stand der Sprengstofftechnologie und der gegnerischen Verfahren und können mit komplexen Räumungsprojekten betraut werden. Sie beraten und unterstützen die öffentlichen Sicherheitsbehörden oder schulen und befähigen andere Einheiten zur Bekämpfung explosiver Bedrohungen. Damit ist das Kommando KAMIR in der Lage EOD-Fähigkeiten zu generieren und aufrechtzuerhalten, die dem Hauptauftrag der Schweizer Armee – der Verteidigung – zugutekommen.

Die Feldarbeit erfordert auch die Unterstützung bei der Entsorgung von grösseren Munitionsmengen.