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MitteilungVeröffentlicht am 25. Juni 2025

Was Hacker an einem fünftägigen Marathon machen

Letzte Woche fand der KI-Hackathon im Kommando Cyber statt. Der Hackathon wurde von Teilnehmenden der ICT Warrior Academy, des Stab Kommando Cyber (Miliz und Profiorganisation), Angehörigen des Cyber Bataillons 42, armasuisse W+T sowie RUAG bestritten. Sie nahmen sich gemeinsam verschiedenen Challenges aus der Gruppe V an und arbeiteten eine Woche lang intensiv an KI-Lösungen.

Text: Lorena Castelberg, Kommunikation Verteidigung

Technologie entwickelt sich in rasantem Tempo – insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten und das Potenzial Künstlicher Intelligenz (KI) für sicherheitsrelevante Aufgaben zu nutzen, setzt das Kommando Cyber der Schweizer Armee auf innovative Formate. Eines davon ist der Hackathon – ein intensives, kollaboratives Entwicklungsformat, bei dem in kurzer Zeit praxisnahe Lösungen für konkrete Herausforderungen entstehen (siehe Infobox).

Ziel des diesjährigen Hackathons war es, zu erforschen, was heute im Bereich künstlicher Intelligenz technisch möglich ist und wie sich diese sinnvoll im militärischen Kontext einsetzen lassen. Dabei ging es nicht um technologische Experimente, sondern um reale Anwendungsfälle, die in agiler Arbeitsweise in kurzen Entwicklungssprints und mit direktem Praxisbezug umgesetzt werden. Statt langer Pflichtenhefte zählte hier das Prinzip «Learning by Doing»: In wenigen Tagen entstanden Prototypen, welche direkt im Armeealltag getestet werden können.

Entwicklung anhand fünf Challenges

So wurde im Rahmen des Hackathons beispielsweise ein Chatbot für die Logistikbasis der Armee (LBA) entwickelt, welcher auf den einschlägigen Reglementen und Dokumentationen basiert und logistische Fragen in Sekundenschnelle beantwortet – eine erhebliche Erleichterung im Vergleich zum manuellen Durchforsten von Vorschriften. Ein weiteres KI-Tool, welches im Hackathon trainiert wurde, analysiert automatisiert Berichte von Arbeitsreisen von Mitarbeitenden der Armee. Innerhalb kurzer Zeit liefert die KI fundierte Auswertungen zu Reisezwecken, geografischen Hotspots und Trends und speist diese direkt in das militärische Lagebildsystem ein.

Auch im Bereich der Befehlsgebung zeigt Künstliche Intelligenz ihr Potenzial: Eine KI-Assistenz kann dabei unterstützen, die fünfteiligen Befehle (5-Punkte-Befehl) von Offizieren zu erstellen. Dabei kann KI als eine Art Co-Worker bestehende Dokumente auch gleich auf Vollständigkeit überprüfen und steigert so schlussendlich die Effizienz.

Ein vierter Anwendungsfall demonstrierte den Einsatz von KI zur Überwachung sicherheitsrelevanter Infrastrukturen im Rahmen des Hackathons. Das System erkennt in Echtzeit verdächtige Bewegungen oder potenziell gefährliche Objekte wie etwa Messer und ermöglicht damit ein signifikant erhöhtes Sicherheitsniveau – ein technologischer Quantensprung im Bereich des Objektschutzes.

Bei der fünften Challenge wurde getestet, wie ein Large Language Modell mit RAG grosse Datenmengen verarbeiten kann. LLM mit RAG (Retrieval-Augmented Generation) bedeutet, dass das Modell nicht nur auf seinem Trainingswissen basiert, sondern gezielt Texte aus eigenen Datenquelle sucht (z. B. Dokumente, Datenbanken) und diese in die Antwort einbezieht. Innerhalb einer Woche hat «FELIS» über 10'000 Dokumente aufgenommen und analysiert. Ziel war es, aus über 30 Jahren Erfahrungswissen zum Luftraumüberwachungssystem verwertbares Wissen zu gewinnen. Auch implizites Wissen – also Dinge, die nie direkt dokumentiert wurden – konnten durch «FELIS» erkannt werden. So entstand ein strukturiertes Wissensformat, das bereits jetzt genutzt werden kann. Der sichere Umgang mit vertraulichen Informationen war in dieser Challenge ein zentrales Thema, weshalb gezielt Schutzmassnahmen implementiert wurden. Ein weiterer Aspekt war der Aufbau einer performanten Backend-Pipeline, sozusagen Gehirn der Software, das im Hintergrund schrittweise und automatisiert Daten verarbeitet. Diese Backend-Pipeline wurde in der Programmiersprache Rust entwickelt, mit Fokus auf Geschwindigkeit, Effizienz und präziser Vektorisierung. Sie kann in Zukunft flexibel angepasst und weiterentwickelt werden.

Nachhaltigkeit des erworbenen Wissens

Der Hackathon verfolgt langfristige Ziele. Die entwickelten Lösungen werden so dokumentiert und strukturiert, dass sie in den Stäben kontinuierlich weiterentwickelt werden können. Gleichzeitig dienen sie als Best-Practice-Beispiele in Stabskursen der Miliz und fördern so den Wissenstransfer innerhalb der Armee.

Auch organisatorisch lernt das Kommando Cyber mit jeder Durchführung eines Hackathons dazu: Erkenntnisse zu Hardware, Software und Prozessen fliessen direkt in die Vorbereitung zukünftiger Hackathons ein – mit dem Ziel, den Teilnehmenden mehr Zeit fürs Erarbeiten von Lösungen zu geben und den Aufwand für Einrichtung und Setup zu minimieren.

Konkrete Resultate in kurzer Zeit

Für das Kommando Cyber sind Hackathons mehr als ein Innovationsinstrument – sie sind ein Labor für die digitale Transformation der Schweizer Armee. Mit der Beteiligung von Fachpersonen aus der ICT Warrior Academy, dem Milizstab Kommando Cyber sowie RUAG entsteht ein Umfeld, in dem Miliz und Profiorganisation gemeinsam an der Zukunft der militärischen Landesverteidigung arbeiten – kompetent, agil und mit klarem Fokus auf konkrete Resultate.

Was ist ein Hackathon?

Hackathon (Wortschöpfung aus «Hack» und «Marathon») ist ein kollaborativer Soft- und Hardware-Entwicklungs­-Event. Ziel eines Hackathons ist es, innerhalb der Dauer dieser Veranstaltung gemeinsam nützliche und kreative Versuchs-Software herzustellen und Lösungen für gegebene Fragestellungen (sogenannte «Challenges») zu finden.