Mit Schminke ist nicht immer die Tarnschminke gemeint
Immer mehr Frauen leisten freiwillig Dienst in der Schweizer Armee. Unter ihnen ist die 23-jährige Ramona Wyssen. Die junge Bernerin beginnt am 13. Januar die Rekrutenschule als Nachrichtensoldatin. Auf ihrem Instagram-Account will sie andere Frauen an ihren Erfahrungen teilhaben lassen mit Posts, in denen sie Fragen aufwirft, beantwortet und diskutiert.
13.01.2020 | Kommunikation Verteidigung, Fahrettin Calislar

Sie sei nur ein Schweizer Militärmädchen, stellt Ramona Wyssen auf Instagram fest. Als «Just a Swiss Military Girl», so der Name ihres Accounts, stellt sie Fragen zu ihrem zukünftigen Militärdienst und postet dazu ihre Überlegungen und Erkenntnisse. Fragen, die sie als weibliche Angehörige der Armee (wAdA) betreffen. Wyssen rückt am 13. Januar als zukünftige Nachrichtensoldatin in die Rekrutenschule ein. Während der RS in der Elektronische Kriegführung-Schule 64 (EKF S 64) in Jassbach möchte sie sporadisch – soweit es die Vorgesetzten und die Regelwerke erlauben – verschiedene Fragen aus dem RS-Alltag ansprechen. Sie hofft, dass die Community, also ihre Abonnenten, einen anderen Blickwinkel liefern kann. So will sie ihre Erfahrungen mit anderen Frauen teilen und ihnen die Scheu vor dem Thema Militärdienst nehmen «Das hatte mir gefehlt, als ich mich entscheiden musste.»
Den Erstkontakt mit der Armee hatte sich anlässlich eines Klassenbesuches einer Pilotin in der neunten Klasse, erinnert sich die heute 23-Jährige. Dies und Darstellungen von Kollegen sowie die Präsentation der Armee hätten ihr Interesse geweckt. Konkret begann sie ihren Weg 2017, als sie sich eine Sporttasche in Militärgrün kaufte. «Ich hatte lange darüber nachgedacht, was es bedeutet, Soldat zu sein. Ich tue es, weil es mir das Wert ist.» Als sie sich sicher war, ihre Absicht umsetzen und Militärdienst leisten zu können, meldete sie sich für die Rekrutierung an. Sie wolle dem Land etwas zurückgeben, das ihr so viel ermöglicht habe. «Frauen dürfen Militärdienst leisten, also sollen sie es auch tun.»
Praktische Alltagsfragen von Frauen in der Armee
In einem Post auf ihrem Kanal thematisiert sie zum Beispiel das Schminken im Dienst, «und dabei ist nicht die Tarnschminke gemeint!». Das Thema werde im Web kaum behandelt, ausser mit dem Hinweis, dass es nicht auffallen soll. Sie werde mit Eyeliner und Mascara arbeiten, so Wyssen, «aber nur, wenn ich das Tenü A trage». Sie gibt Tipps. Im Gegenzug wird sie darauf hingewiesen, dass sich auf dem Feld niemand dafür interessiere, wie sie aussehe, und dass sie für solche Tätigkeiten im Alltag ohnehin keine Zeit haben werde. Der Ratschlag an sie aus der Runde: «Besser gar nicht schminken und dafür schauen, dass du diese Viertelstunde zum Anziehen brauchst.»
Ein weiteres Thema sind Strümpfe. «Wo bekomme ich eine graue Strumpfhose für den Ausgänger her?», fragte sie sich einmal und wurde in einem Warenhaus fündig. Die armeetaugliche Beinbekleidung musste dafür extra bestellt werden. Auch ein Paar dichtere wärmende Strümpfe hat sie sich zugelegt. «Ich gehe davon aus, das Anthrazit als Farbe in Ordnung ist», schrieb Wyssen. Die Community bestätigte ihre Vermutung.
Sie soll keine Haarklemmen brauchen, schreibt eine Followerin mit Militärerfahrung in einem anderen Zusammenhang. Diese neigten dazu, im Netz des Helmes hängen zu bleiben. Und in einem weiteren Post diskutiert Wyssen über die passende Feldfrisur und kommt zum Schluss, dass sie den Dutt tragen werde. Er sei praktischer. «Wichtig ist dabei, dass er tief genug sitzt, damit man den Helm tragen kann, aber nicht zu tief, damit er dem Rucksack nicht in die Quere kommt.» Gewusst, wie.
Sie will auch Diskussionen anstossen
Ihre Community reagiert auf ihr Engagement. Aktuell wird sie vor allem privat angeschrieben. Sie hofft, dass einige Debatten öffentlich geführt werden, um damit allen Followern einen Mehrwert zu schaffen. Wyssen würde es zudem begrüssen, wenn mehr Frauen ihren Account abonnierten. «Vor allem sie sollen davon profitieren.» Aktuell seien die meisten ihrer Follower Männer, sie sich für ihren Weg zum Militärdienst interessieren. «Aber es haben mich auch schon zwei jüngere Fragen angeschrieben und um konkreten Rat gebeten», freut sie sich. Beiden konnte sie helfen und sie in ihrer Absicht, sich für die Armee zu melden, bestärken. «Ich riet ihnen, die Rookie-App herunter zu laden und sich über die Funktionen zu informieren». Auch die Ready-Fitness-App der Armee sei eine Hilfe, davon habe sie sich selbst überzeugt.
Sie habe sich gut vorbereitet, sagt Wyssen, als sie ihre Militärsporttasche packt. Vor dem Einrücken hat sie eine Auslegeordnung mit ihrem Material gemacht. Neben der Liste, die sie vom Schulkommandanten erhalten hat, hielt sie sich auch an Tipps aus dem Internet. Sie hat zudem einiges eingepackt, woran der männliche Durchschnittsrekrut nicht zu denken braucht. Schminke zum Beispiel oder einen Reiseföhn. «Ich habe lange Haare und brauche einen Föhn, die meisten Männer nicht.»
Das Recht, sich für die Sicherheit der Schweiz zu engagieren
Schweizer Männer müssen, Schweizer Frauen dürfen Militärdienst leisten. Sie erhalten die Gelegenheit, Neues zu entdecken. Die Armee bietet ihnen dafür eine vielfältige, praxisorientierte Ausbildung, die fordert und für viele Tätigkeits- und Berufsfelder vorbereitet. Weibliche Angehörige der Armee leisten wie ihre männlichen Kameraden einen Dienst für die Allgemeinheit und für die Sicherheit der Schweiz. Sie sammeln einzigartige Erfahrungen. Das Prinzip bei der Einteilung heisst: Gleiche Leistung – gleiche Chance. Bei Eignung können Frauen in allen Truppengattungen und militärischen Funktionen Dienst leisten und erhalten alle Aufstiegsmöglichkeiten. Nicht selten sind Frauen Gruppen- und Zugsführer, sogar Einheitskommandanten. Sie eignen sich während der militärischen Kaderausbildung Führungsqualitäten an, von denen sie auch im Zivilleben profitieren können. Der Einstieg geschieht über den Orientierungstag mit Informationen zur Armee und die Rekrutierung. Dort können Interessierte ein Anmeldeformular ausfüllen. Beim Fitnesstest während der Rekrutierung gilt für Männer und Frauen dieselbe Wertetabelle. Für das Sportabzeichen jedoch werden Frauen mit einer separaten Tabelle beurteilt. Sobald die zukünftige Armeeangehörige den Eintritt unterschreibt, ist sie dienstpflichtig, und der Militärdienst ist für sie fortan obligatorisch. An die Rekrutierung schliesst die Rekrutenschule an.