Kommandantentisch 2020 – zum Letzten
Gutes bewahren – gerade auch in Zeiten von Krisen: Unter diesem Motto lud der Stabschef und Waffenplatzkommandant des Lehrverbandes Fliegerabwehr 33 (LVb Flab 33), Oberst René Meier, im Auftrag von Brigadier Hugo Roux auch 2020 zum traditionellen Kommandanten-Tisch. Aufgrund der Corona-Krise ging der Anlass aber in angepasster Art und Weise über die Bühne
01.07.2020 | Oberstlt Urs Achermann, C Komm LVb Flab 33
In seiner Begrüssung musste Oberst René Meier bekanntgeben, dass aufgrund der Coronasituation auf zwei traditionelle Punkte des Kdt-Tisches verzichtet werden muss: auf das Gastreferat und die Pflege der Kameradschaft im Anschluss an den Rapport. Im Übrigen aber konnten wie üblich Informationen aus erster Hand und die Befehlsgebung für die Fortbildungsdienste 2021 (FDT 2021) an die Kommandanten der Truppenköper weitergegeben werden.
His master’s voice
Einleitend wies der Kdt LVb Flab 33, Br Hugo Roux, darauf hin, dass der Global Peace Index gegenüber letztem Jahr nochmals eine Verschlechterung erfahren hat. In der Coronakrise hat sich erneut gezeigt, dass Staaten keine Freunde haben, sondern ihre Interessen durchsetzen.
Im sicherheitspolitischen Kontext ist insbesondere eine Rückkehr zur Machtpolitik zu verzeichnen. Demgegenüber sind die Migrationsströme coronabedingt fast versiegt, ebenso ist der Terrorismus momentan etwas aus dem Fokus verschwunden. Dafür hat sich in den letzten Wochen und Monaten eine andere Bedrohung augenscheinlich manifestiert: eine weltweite Pandemie.
Mit der Rückkehr zur Machtpolitik ist, so Br Roux, eine Neuordnung der Einflusssphären verbunden. Russland und China sind daran, ihre Einflussbereiche neu zu definieren, während sich die USA vermehrt auf sich selbst fokussieren und sich aus der Welt zurückziehen. Für Europa erweist sich diese Situation als unerfreulich: An seinen Rändern finden diverse kriegerische Auseinandersetzungen statt (Syrien, Ukraine, Libyen). Europa wird zunehmend selber für seine Sicherheit besorgt sein müssen. Im Moment ist es aber dazu nicht bereit und in der Lage – wie übrigens die Schweiz auch nicht.
Die Konflikte in Syrien und Libyen haben gemäss Br Roux einen neuen Player zu Tage gefördert: die Türkei. Die Türken haben es geschafft, eine vernetzte Operationskriegsführung zu etablieren, sie haben multidimensionale Operationen in Syrien und Libyen durchgeführt.
Nach diesem Überblick kam der Kdt LVb Flab 33 auf die Situation in seinem Lehrverband zu sprechen:
- Produkt – machen wir das Richtige? Die Bedrohungsklassen im Rahmen der Beschaffung einer neuen bodengestützten Luftverteidigung (BODLUV) zeigen auf, dass die Schweiz enorme Lücken in der Luftverteidigung aufweist. Die Schweizer Armee verfügt derzeit nicht über die Mittel, um Luftangriffe, wie sie in Syrien stattgefunden haben, zu verhindern. Gemäss Br Roux ist unsere Antwort auf multidimensionale Operationen die integrierte Luftverteidigung, wie sie mit dem Projekt AIR2030 vorgesehen ist (mehrschichtig und vernetzt, zentral eingesetzt). Die sich in der Evaluation befindliche BODLUV grosser Reichweite ist ein erster Schritt dazu. Was aber bis dahin? Die Armeeführung hat vor Kurzem entschieden, dass die M Flab und die Stinger bis 2032 im Einsatz bleiben (die Mob Flab Systeme Rapier hingegen werden 2022 ausgemustert). Der Preis ist, dass keine Investitionen erfolgen, nur der Betrieb weitergeführt wird. Das bedeutet einerseits, dass es auf der Transformationsachse keine Vollausrüstung geben wird. Anderseits besteht das Risiko, dass Waffensysteme gänzlich ausfallen, wenn z.B. die Munitionsvalidierung nicht mehr gegeben ist.
- Prozess – machen wir es richtig? Nach Br Roux ist es zentral, dass wir uns richtig verankern. Nötig ist eine fähigkeitsbasierte gesamtheitliche Planung, kein Alleingang und kein Silodenken. Im Weiteren soll die Miliz wieder mehr Verantwortung übernehmen: Die Miliz wird befähigt und führt, es soll viel weniger Vorgaben von Seiten der Profiorganisation geben. Dazu werden die Fehler- und Lernkultur gefördert, Leadership wird gefordert und gefördert. Auch soll verstärkt das Training mit den Heereseinheiten durchgeführt und damit die Kenntnisse über die Bodentruppen verstärkt werden.
- Strukturen – sind wir richtig organisiert? Noch Bundesrat Parmelin hatte entschieden, dass der LVb Flab 33 als grosser Verband bestehen bleibt. Neu wird jetzt ein direktunterstelltes Waffenplatzkommando unter Oberst René Meier geschaffen. Ab 2023 wird der LVb Flab dann in die BODLUV-Brigade überführt, die Einsatz und Ausbildung aller bestehende BODLUV-Kräfte in der Luftwaffe verantwortet. Die Führung der Truppenkörper des LVb in den WK ist nicht sofort durch die Miliz möglich, die Führungsfähigkeit muss in der Transformation zuerst aufgebaut werden. Übergangsmässig werden die Abteilungen durch den Kdt LVb geführt, ab 2024 dann mit Unterstützung durch den Milizstab. Das Kdo Training BODLUV wird die Abteilungen nicht mehr führen, sondern sie betreuen. Aus Teilen den Rapier-Batterien, die bis 2022 aufgelöst werden, wird ab 2023 die Stabsbatterie der BODLUV Br formiert.
- Herausforderungen: Als grosse Herausforderung identifizierte Br Roux die Grundbereitschaft der Truppe. Nur noch ein kleiner Teil der Feuereinheiten und Alert-Gruppen sind grundbereit. Dazu tragen auch (zu) viele Abgänge während der Militärdienstzeit bei, was es erschwert, dass in der Truppe ein Gemeinschaftsgefühl entsteht. Der Kdt LVb will dem entgegenwirken, indem wieder vermehrt die Sinnhaftigkeit des Auftrags aufgezeigt und Gelegenheit zur Pflege der Kameradschaft gegeben wird. Schliesslich erinnerte Br Hugo Roux daran, dass Air2030 in seiner Gesamtheit, also mit den umstrittenen neuen Kampfflugzeugen, nötig, dringend und bezahlbar ist. Umgerechnet kostet die Erneuerung der Luftverteidigung lediglich 20 Rappen pro Person und Tag über nächste 30 Jahre.
Einsatz Stabsuof
Vor gut einem Jahr wurde mit dem «neuen» Einsatz der Stabsuof als Führungsgehilfen des Truppenkörperkommandanten begonnen. Chefadj Richard Blanc, Fhr Geh Kdt LVb Flab 33, führte aus, dass man auf dem richtigen Weg ist, aber noch nicht am Ziel. Zu verbessern ist namentlich der Bereich Aus- und Weiterbildung sowie Betreuung der Unteroffiziere. Dem Stabsuof soll die Möglichkeit gewährt werden, die Unteroffiziere in seinen Fokus zu nehmen.
Bisher gibt es im LVb Flab 33 kein offizielles Instrument, um den Korpsgeist unter den Uof zu pflegen und zu stärken. Neu sollen an einem Startanlass Ende 2021, der einen Tag vor dem Brigaderapport stattfindet, alle Uof des LVb versammelt werden. In den Folgejahren soll ein Tag vorgelagert an das KVK-Einrücken für den abteilungsweisen Zusammenzug der Uof zur Verfügung stehen.
Planung und Führung der Logistik im Einsatz Stufe Einheit
Trotz diverser Grundlagen fehlen klare Vorgaben für die systematische Schulung von Einheitskommandanten, Einheitsfeldweibeln und Fourieren bezüglich der Planung der Logistik im Einsatz. Ebenso fehlt ein Aus- und Weiterbildungskonzept für die Log Uof der Einheit im praktischen Dienst. Oberstlt Giovanni Ortelli, Chef Training Querschnittsbereiche, erhielt deshalb den Auftrag, entsprechende Ausbildungsvorgaben zu erarbeiten, welche er zum Abschluss des Kdt Tisches im Detail vorstellte.
Befehlsausgabe FDT 2021
Nebst der umfassenden Informationsweitergabe stand natürlich auch heuer die Befehlsausgabe FDT 2021 im Zentrum des in dieser Art und Weise letztmalig durchgeführten Anlasses. Erneut konnte den Kommandanten der acht Flab-Abteilungen ein umfassendes Befehlspaket mit auf den Heimweg gegeben werden. Einmal mehr steht dem LVb Flab 33 und seinen Truppenkörpern ein intensives und herausforderndes Jahr bevor.
So zeichnen sich alle Dienstleistungen zwar durch die seit Jahren zur Anwendung kommende Typisierung aus, in der Umsetzung werden aber alle Dienste auf Grund verschiedener Rahmenbedingungen sehr individuell und spezifisch.
Nach 12 Jahren Kdt Tisch verabschiedete Oberst Meier sich und diesen Anlass, den er seit der Entstehung 2009 in irgendeiner Form mitverantwortet hatte. In Zukunft wird die Information der Truppenköper¬kommandanten in Form eines Befehlsgebungsrapports erfolgen.