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Als Militärbeobachter im Libanon

Im schlimmsten Fall führt eine Verletzung eines Waffenstillstandsabkommens zu einer Eskalation eines Konfliktes. Militärbeobachter aus verschiedensten Nationen befinden sich daher weltweit in Konfliktgebieten im Einsatz, um solche Verstösse festzustellen, zu dokumentieren und zu rapportieren – so auch im Nahen Osten. Einer dieser Militärbeobachter ist Tristan, Hauptmann der Schweizer Armee. Er befindet sich seit einigen Wochen im Libanon und berichtet von seinen Erfahrungen.

21.06.2021 | Kommunikation SWISSINT, Daniel Seckler

UNTSO_Chopard

 

Tristan, Sie befinden sich seit rund 4 Monaten im Libanon und stehen dort als Militärbeobachter der UNTSO im Einsatz. Welches waren Ihre ersten Eindrücke vom Einsatzgebiet? 

Ich war erstaunt über die Komplexität der Situation, als ich vor Ort ankam: Der Libanon ist ein Land, das mehrere Kriege und Bürgerkriege erlebt hat. Jeder Konflikt hinterliess dauerhafte Spuren in diesem Land, welches sich in der aktuellen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Situation leider nur schwer erholen kann. Trotzdem ist die einheimische Bevölkerung freundlich und lächelnd. 
 

Welches sind Ihre Aufgaben als UNO-Militärbeobachter? 

Die Hauptaufgabe eines UNO-Militärbeobachters innerhalb der UNTSO stellt das Feststellen und Melden von Verstössen gegen die Resolution 1701 (2006) des UNO-Sicherheitsrates dar. Dazu patrouillieren wir an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Schlussendlich könnte jede Verletzung des Waffenstillstandsabkommens zu einer Eskalation der Spannungen und im schlimmsten Fall zu einem neuen Krieg führen.
Eine weitere wichtige Aufgabe des Militärbeobachters besteht im Treffen von wichtigen lokalen Akteuren sowie dem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Aufgrund der aktuellen Schutzmassnahmen aufgrund der Pandemie ist dies allerdings zurzeit nur beschränkt möglich. 
 

Gibt es ein prägendes Erlebnis oder ein Highlight aus Ihrer bisherigen Zeit im Einsatz? 

Ich kann mich nicht an ein bestimmtes prägendes Erlebnis erinnern: Jeder Tag ist eine neue Erfahrung. Auch wenn einige Patrouillen ruhiger sind als andere, ist die Situation noch immer besorgniserregend. Unsere Beobachtungen sind daher wertvoll, damit die Vereinten Nationen mit diesen eine klare Vorstellung davon hat, was hier vor Ort passiert. 
 

Sie arbeiten in einem internationalen Team. Wie funktioniert die Zusammenarbeit untereinander? 

Ich denke, dass die Arbeit in einem internationalen Team die Stärke einer solchen Mission ist: Jeder und jede bringt seine eigene Sichtweise und Ausbildung mit, was uns erlaubt, mit verschiedenen Ansätzen an der Lösung eines Problems zu arbeiten und keinen Tunnelblick zu haben. Ausserdem stärkt diese Zusammenarbeit die Beziehung zwischen Angehörigen verschiedener Länder, die sich nicht so gut kennen und hilft damit auch, den Weltfrieden zu fördern. 
 

Welches sind Ihre grössten Herausforderungen?

Meine grössten Herausforderungen liegen seltsamerweise nicht in der Arbeit. Die Ausbildung, die ich bei SWISSINT erhalten habe ermöglicht es mir die verschiedensten Schwierigkeiten zu meistern, die sich mir hier in den Weg stellen. Meine Herausforderungen liegen auf persönlicher Ebene: Aufgrund der vielen Arbeit ist es schwierig mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben.
 

Wie haben Ihre Familie und Freunde reagiert, als Sie erzählten, dass Sie in den Nahen Osten gehen mit der Schweizer Armee?

Meine Familie hat mir immer vertraut, was meine Entscheidungen anbelangt. Ebenfalls meine Freunde unterstützen mich. Ich weiss aber, dass einige von ihnen bereits auf meine Rückkehr warten. 
 

Sie waren zuvor in der SWISSCOY und der EUFOR. Welche Erfahrungen nahmen Sie von diesen Einsätzen mit in die UNTSO? 

Meine früheren Einsätze bieten mir mehr Vertrauen in meine aktuelle Arbeit und ich profitiere von meinen bisher gesammelten Erfahrungen, um die Ziele in dieser Mission zu erreichen. Auch wenn jeder Einsatzort anders ist, ermöglichen es mir die erworbenen Grundlagen, den verschiedenen Herausforderungen mit mehr Leichtigkeit zu begegnen. 
 

Welchen Mehrwert bietet Ihnen dieser Einsatz persönlich, für Ihre zivile Karriere oder Ihre militärische Laufbahn? 

Eine Auslandserfahrung unter schwierigen Bedingungen ist immer ein Pluspunkt im Berufsleben: Sie zeigt, dass ich bereit bin, mich trotz der sozialen Distanz und der angespannten Verhältnisse für meine Arbeit einzusetzen. Es ermöglicht mir auch, Freundschaften mit vielen Menschen aus der ganzen Welt zu schliessen und Türen für eine zukünftige Karriere zu öffnen. 

 

Was war Ihre Motivation, um diesen Einsatz in der militärischen Friedensförderung zu leisten?

Zur Friedensförderung im Ausland fühlte ich mich schon immer hingezogen: Diese Erfahrung als Militärbeobachter ist ebenfalls ein Sprungbrett für eine Karriere auf dem Gebiet der internationalen Friedensbemühungen. 
 

Wie und wem würden Sie einen solchen Einsatz weiterempfehlen? 

Eine solche Mission ist mit vielen Entbehrungen verbunden, bringt aber auch viele unvergessliche Erlebnisse mit sich. Man muss bereit sein, einen Teil des eigenen Lebens beiseite zu legen und auf einige der Annehmlichkeiten unseres Lebens in der Schweiz zu verzichten, um einen kleinen aber wertvollen Teil zur Friedensförderung beitragen zu können. Jeder Offizier, der sich für internationale Beziehungen und Friedensförderung interessiert, sollte sich auf eine solche Mission einlassen.


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