Unauslöschliche Zeitzeugen eines vergangenen Tessins
Ungenutzte Panzersperren erzählen von der Zeit des Kalten Krieges.
13.06.2022 | Kommunikation ODESCALCHI
Obwohl sie heute nicht mehr genutzt und zunehmend abgebaut werden, sind sie historisch hochrelevant. Gleichzeitig mit der allgemeinen Erneuerung der Strassen verschwinden allmählich die Spurrillen auf den Tessiner Strassen, die einst als Panzersperren dienten.
Zu den Hauptaufgaben der nach dem Zweiten Weltkrieg und der Reform von 1961 gegründeten Schweizer Armee gehören die Kriegsverhütung, die Unterstützung der zivilen Behörden und die Friedensförderung im Ausland. In Bezug auf den ersten Aspekt, der untrennbar mit der Verteidigung der nationalen Grenzen verbunden ist, wurde häufig der Schwerpunkt daraufgelegt, den Vormarsch des Gegners mit allen Mitteln zu verlangsamen. Das bestätigt Divisionär a.D. Francesco Vicari: «Auf dem Gebiet der Kriegsführung bedeutet der Zeitverlust im Falle einer Invasion einen Verlust an Prestige für den Gegner auf der internationalen Bühne. Nach diesem Prinzip mussten die Transitachsen eines strategisch wichtigen Gebiets wie des Tessins verbarrikadiert werden.» Die einfachste Möglichkeit, diesen Zweck zu erfüllen, waren Panzersperren: Poller - in verschiedenen Formen und Variationen -, die an allen wichtigen Kreuzungen aufgestellt wurden. In Verbindung mit solchen Barrikaden wurden auch bewaffnete Forts gebaut, um die Fahrzeuge des Gegners, meist in der Flanke, zu treffen.

Von der Riale Cusello (Mezzovico) bis San Carlo (Monte Ceneri), von der LONA (militärische Festung zwischen Lodrino und Osogna) bis Motto di San Pietro (Valle di Blenio), nicht zu vergessen der Monte Piottino (Valle Leventina). Orte, die aus strategischer Sicht von grossem Interesse waren und deshalb mit Staudämmen und permanenten Verteidigungsanlagen ausgestattet wurden, die heute nicht mehr genutzt werden, aber von unbestrittener historischer Bedeutung sind. «Früher wurde für jedes Hindernis die technische Zeit berechnet, die der Gegner zur Zerstörung benötigt», erklärt Divisionär Francesco Vicari. «Dank dieser Berechnung war es möglich, die verfügbare Zeit für die Organisation neuer Gegenmassnahmen vorherzusagen. Es ist hervorzuheben, dass zu Beginn der 1980er Jahre, d.h. auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, fast 10’000 Militärangehörige das Tessin bewachten, das als erste Bastion zum Schutz des Nervenzentrums der Schweiz angesehen wurde.»
Anfang der 1980er Jahre verteidigten rund 10'000 Soldaten das Tessin
– Divisionär Vincenzo Vicari
Barrikaden, Panzersperren, permanente Abschreckungsmassnahmen, die manchmal sogar vermint waren. Strukturen, die heute glücklicherweise nicht mehr vorhanden sind, von denen aber zumindest in der Erinnerung einige Spuren geblieben sind. Kurzum: Spuren eines zeitlich längst vergangenen Tessins. Vergangen, aber deshalb nicht uninteressant. Vor allem nicht für diejenigen, die auf der Suche nach Möglichkeiten sind, durch die Analyse der Vergangenheit die Gegenwart besser zu verstehen.