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Die Auftragstaktik: modern wie noch nie – Gedanken aus dem SLG II

«Don't tell people how to do things. Tell them what to do and let them surprise you with their results.» (US-General Patton)

12.07.2017 | Maj Hugi Andreas, MSS - Astt 100 Komm

«Lagebesprechung in einer Arbeitsgruppe»
«Lagebesprechung in einer Arbeitsgruppe»

86 Stabsoffiziere büffeln Aktionsplanung, brüten über Karten, malen Entschlüsse und erkunden im Gelände die topografischen Realitäten. In der knappen Freizeit kommt das Gespräch rasch auf den Nutzen der militärischen Führungsprozesse in der Wirtschaft zu sprechen. Der Lehrgang brachte Unternehmensberater, Inhaber von Zimmereibetrieben, Metzgereien und Ingenieurbüros, Anwälte, Ärzte, Fluglotsen, Polizisten und Politiker zusammen. Und ja, der Nutzen wird als gross bezeichnet: Insbesondere die in der Privatwirtschaft gerne vernachlässigte Beurteilung der Ausgangslage beim Start eines neuen Projektes lässt sich mit den militärischen Prozessen in Problemerfassung und Beurteilung der Lage sehr gut «kampfwertsteigern».

Persönlich bin ich während der Vorbereitung des Lehrgangs aber beim Begriff der Auftragstaktik hängen geblieben: «Führen durch Zielvorgabe» ist ja auch in der Privatwirtschaft ein gerne postulierter Grundsatz. Bei der Lektüre der Definition der Auftragstaktik (FSO 17, Ziff 45ff.) kann man aber durchaus ins Grübeln kommen:

Voraussetzung für die Führung durch Zielvorgabe ist, dass man seine Mitarbeiter kennt und (zur Selbständigkeit) ausbildet. Auftragstaktik bezweckt weiter, seinen Mitarbeitenden «die grösstmögliche Handlungsfreiheit in ihrer Auftragserfüllung» zu belassen: Mikromanagement ist in dieser Führungsform fehl am Platz. Auftragstaktik verlangt zudem Vertrauen in die Mitarbeitenden und von diesen Mitdenken und Selbständigkeit: Das hat sehr viel mit Unternehmenskultur, Werten und wertschätzender Führung zu tun. Auftragstaktik bedingt schliesslich, dass alle Mitarbeitenden die Zielsetzungen und Rahmenbedingungen des Auftrages kennen, aktiv einbezogen werden und nicht nur Befehlsempfänger sind.

Insbesondere der letzte Punkt wird gerade in der Privatwirtschaft oft vernachlässigt: Führen durch Zielvorgabe funktioniert nur, wenn die Vision, die Unternehmensziele und die Strategie allen bekannt und klar sind. Nur wenn alle Mitarbeitenden wissen, wohin die Reise geht, kann man auch bei einem nur allgemein formulierten Auftrag im Sinne der Unternehmung handeln. Das Gegenteil der Auftragstaktik ist die «Befehlstaktik»: Es wird jeder Schritt genau vorgeschrieben und dessen Umsetzung überprüft. Gerade in Zeiten digitaler Kommunikation, Controlling-Tools und Echtzeitinformationen aller Art droht die Versuchung des Mikromanagements über verschiedene Stufen hinweg und damit das Aushebeln der Auftragstaktik. Die Auftragstaktik nimmt die Mitarbeitenden als mitdenkende und gleichberechtigte Partner für voll und trägt den sich rasch wandelnden Rahmenbedingungen in den meisten Branchen Rechnung, ist also heute moderner denn je.

Diese also durchaus moderne Unternehmenskultur haben wir auch im SLG II gespürt: Der Lehrkörper war bemüht, militärische und zivile Skills der Teilnehmenden zu nutzen und hat uns stets ermuntert, den kritischen Austausch zu pflegen. Oder wie es Oberst David Accola formuliert hat: «Im Stab wird gerungen und gestritten, aber am Schluss entscheidet der Chef.»


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