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MedienmitteilungVeröffentlicht am 5. Dezember 2025

Ergebnis der Vernehmlassung: Klare Mehrheit befürwortet Paket Schweiz–EU

Bern, 05.12.2025 — An seiner Sitzung vom 5. Dezember 2025 führte der Bundesrat eine Diskussion über die Ergebnisse der Vernehmlassung zum Paket «Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen Schweiz–EU (Bilaterale III)». Der Bundesrat stellte fest, dass eine klare Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden das Paket Schweiz–EU befürwortet. Hinsichtlich der inländischen Umsetzung der Abkommen wurden mehrere Klarstellungen und Verbesserungen gefordert. Nach eingehender Prüfung dieser Anträge beschloss der Bundesrat, gewisse Anpassungen vorzunehmen.

Während der Vernehmlassung, die vom 13. Juni bis zum 31. Oktober 2025 dauerte, gingen 318 Stellungnahmen ein. Die Vernehmlassungsergebnisse sind in einem Zwischenbericht festgehalten, der heute vom Bundesrat zur Kenntnis genommen und publiziert wurde. Der Zwischenbericht zeigt, dass die klare Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden sowohl das Paket Schweiz–EU insgesamt als auch das Verhandlungsresultat positiv beurteilt. Auch die einzelnen Aspekte des Pakets Schweiz–EU fanden mehrheitlich Zustimmung, allerdings in unterschiedlichem Ausmass. Der bilaterale Weg als Mittel zur Gestaltung der Beziehungen zur EU fand im Vergleich zu den anderen Optionen (Nichtstun, Freihandel, Beitritt zum EWR, Beitritt zur EU) eine sehr deutliche Unterstützung. In Bezug auf die inländische Umsetzung der Abkommen wurden mehrere Anträge auf Klarstellung oder Anpassung gestellt. Der Bundesrat hat diese Anträge eingehend geprüft, eine Reihe von Beschlüssen gefasst und den Auftrag erteilt, die Botschaft entsprechend zu finalisieren.

Transparenz bei der dynamischen Rechtsübernahme

Der Bundesrat ist bestrebt, bei den institutionellen Elementen, insb. dem Decision Shaping und der dynamischen Rechtsübernahme, für grösstmögliche Transparenz zu sorgen und die innerstaatlichen Prozesse klar zu definieren.

In Bezug auf die Mitwirkung des Parlaments schlägt er vor, einen neuen Artikel 152a des Parlamentsgesetzes zu schaffen, um die Informations- und Konsultationsprozesse gegenüber dem Parlament im Rahmen des Decision Shaping (Mitwirkung an der Erarbeitung von für die Schweiz relevantem EU-Recht) speziell zu regeln. In diesem Rahmen werden die für die Aussenpolitik zuständigen Kommissionen sowie die anderen für die Abkommen kompetenten Fachkommissionen involviert. Zudem will der Bundesrat die Mitwirkung des Parlaments an den weiteren Prozessen der institutionellen Elemente (dynamische Rechtsübernahme, Streitbeilegung und Ausgleichsmassnahmen) im Rahmen von Artikel 152 Parlamentsgesetz sicherstellen.

Die Modalitäten der Mitwirkung des Parlaments auf der Grundlage von Artikel 152 und Artikel 152a Parlamentsgesetz sollen in einer Weisung des Bundesrats geregelt werden. Dadurch soll geklärt werden, wie das Parlament bei allen Etappen der institutionellen Prozesse einbezogen wird. Die Weisung soll unter Einbezug der Ratspräsidien, der zuständigen Kommissionen und der Parlamentsdienste erarbeitet werden.

Der Bundesrat schlägt ferner die Veröffentlichung aller für das Decision Shaping relevanten öffentlichen Dokumente der EU vor. Die ständigen Teilnehmenden an Vernehmlassungsverfahren und die betroffenen Kreise sollen zusätzlich über die Veröffentlichungen benachrichtigt werden.

Schliesslich schlägt der Bundesrat vor, dem Parlament einmal pro Legislaturperiode im Rahmen seines Berichts zu den Beziehungen mit der EU ein Monitoring über die Funktionsweise der institutionellen Elemente des Pakets vorzulegen.

Die Mitwirkung der Kantone im Bereich der institutionellen Elemente wird in einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Kantonen geregelt, die derzeit gemäss dem Auftrag des Bundesrats vom 15. Oktober 2025 ausgearbeitet wird.

Zwei-Pfeiler-Ansatz bei staatlichen Beihilfen befürwortet  

Die Mehrheit der Stellungnahmen unterstützt die vorgeschlagene institutionelle Ausgestaltung der Überwachungsbehörde (separate Beihilfekammer der Wettbewerbskommission WEKO) und den Zwei-Pfeiler-Ansatz bei der Überwachung von Schweizer Beihilfen durch die Schweizer Überwachungsbehörde und Schweizer Gerichte. Mit den Anpassungen am Entwurf des Beihilfeüberwachungsgesetzes werden die Verfahren für die Beihilfegeber und die Überwachungsbehörde vereinfacht. Zudem werden die Amtshilfe zwischen der Überwachungsbehörde und den Behörden des Bundes und der Kantone sowie der Rahmen für den Informationsaustausch zwischen der Schweizer Überwachungsbehörde und der Europäischen Kommission klargestellt.

Schutzklausel: verstärkter Einbezug der Kantone und der Sozialpartner  

In der Vernehmlassung wurde u.a. ein stärkerer Einbezug der Kantone sowie der kantonalen Sozialpartner bei der inländischen Umsetzung der Schutzklausel gefordert. Verschiedene Stellungnahmen betreffen die Indikatoren und Schwellenwerte für die Auslösung der Schutzklausel sowie die regionale und branchenspezifische Ausgestaltung der Schutzmassnahmen. Die Forderungen werden entweder im Entwurf des Ausländer- und Integrationsgesetzes oder durch zusätzliche Erläuterungen in der Botschaft präzisiert.

Bundesunterstützung für Hochschulen

Was die Gleichbehandlung von Schweizer Studierenden und Studierenden aus der EU hinsichtlich der Studiengebühren an universitären Hochschulen und Fachhochschulen betrifft, wurde in der Vernehmlassung insbesondere eine Erhöhung des Bundesanteils zur Kompensation der Mindereinnahmen dieser Hochschulen gefordert. Der Bundesrat kommt diesem Anliegen entgegen und hat beschlossen, dass die Verluste der betroffenen Kantone und ihrer Hochschulen zu 100 Prozent durch eine auf vier Jahre befristete Bundesunterstützung abgefedert werden.

Lohnschutz: inländische Begleitmassnahmen

Der Bundesrat stellt fest, dass das Verhandlungsergebnis in Kombination mit den inländischen Begleitmassnahmen grossmehrheitlich positiv bewertet wurde. Die 13 inländischen Begleitmassnahmen, auf die sich Sozialpartner, Kantone und Bund geeinigt hatten, erhielten in der Vernehmlassung breite Unterstützung. Anders sieht es bei der vom Bundesrat zusätzlich vorgeschlagenen Massnahme 14 aus. Die Massnahme betrifft einen verbesserten Schutz der Sozialpartnerschaft auf Betriebsebene und konkret für gewählte Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter, für Mitglieder von Arbeitnehmerseite eines Organs einer paritätischen Personalvorsorgeeinrichtung sowie für Mitglieder nationaler Branchenvorstände, die im Rahmen eines allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsvertrags tätig sind. Eine Mehrheit lehnt diese Massnahme ab. Der Bundesrat hält sie jedoch für unentbehrlich, um das Lohnschutzpaket im Gleichgewicht zu halten und die Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der Internationalen Arbeitsorganisation zu erfüllen. Deshalb hat der Bundesrat das WBF beauftragt, die Gespräche mit den Sozialpartnern über eine mögliche Kompromisslösung fortzusetzen.

Landverkehrsabkommen: Aufwertung der Richtlinie zu den Sozialstandards  

Im Rahmen der Vernehmlassung wurde unter anderem gefordert, die geplante Richtlinie zu den Sozialstandards aufzuwerten. Der Bundesrat hat beschlossen, die Richtlinie auf Verordnungsstufe zu verankern. Hinsichtlich der Trassenvergabe sieht das Verhandlungsergebnis vor, Anträgen für den internationalen Schienenpersonenverkehr (sowohl von ausländischen als auch von Schweizer Eisenbahnverkehrsunternehmen) bei den Restkapazitäten im jährlichen Fahrplan Priorität einzuräumen. Der Bundesrat hat entschieden, dass diese Regelung aufgrund des Vernehmlassungsergebnisses im Schweizer Recht neu auf die Gesetzesebene gehoben wird, um mehr Transparenz und Klarheit zu schaffen.

EU-Programme: positive Auswirkung auf Wettbewerbsfähigkeit

Im Bereich Bildung, Forschung und Innovation wurde die Assoziierung an das Horizon-Paket (bestehend aus den Programmen Horizon Europe, Euratom und Digital Europe sowie ITER) und an Erasmus+ von einer grossen Mehrheit der Teilnehmenden, die sich zu diesem Thema geäussert haben, begrüsst. Insbesondere wurden die Integration in internationale Forschungs- und Mobilitätsnetzwerke sowie die positiven Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der Schweiz hervorgehoben. Die für die Assoziierung an Erasmus+ erforderlichen Mittel werden dem Parlament im Rahmen der Botschaft zur Genehmigung vorgelegt, damit die Schweiz ab 2027 teilnehmen kann. Durch die vorgezogene Unterzeichnung des Programmabkommens Schweiz–EU am 10. November 2025 ist die Schweiz an Horizon Europe, am Euratom-Programm und am Digital Europe Programm assoziiert und wird ab 2026 auch wieder an ITER teilnehmen.

Mehr Swissness beim Schweizer Beitrag

In verschiedenen Stellungnahmen wurde ein verstärkter Einbezug von Schweizer Partnern bei der Umsetzung des Schweizer Beitrags zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der EU gefordert. Der Bundesrat hat daher beschlossen, die Verfahren im Kohäsionsbeitragsgesetz zu vereinfachen, um gezielt Partnerschaften mit Schweizer Akteuren, die spezifisches Schweizer Fachwissen einbringen, zu fördern.

Strom: Grundversorgungsschwelle, Minimalvergütung für Solarstrom und Nutzung der Wasserkraft  

Im Rahmen der Vernehmlassung wurden mehrere Aspekte der inländischen Umsetzung erörtert. In Bezug auf die Grundversorgung beauftragt der Bundesrat das UVEK, in Zusammenarbeit mit dem EDA, bis Ende Januar 2026 Vorschläge zur Ausgestaltung der Grundversorgungsschwelle zu unterbreiten, wie auch stromintensive Kleinunternehmen in der Grundversorgung verbleiben können.

Begleitmassnahmen in der Grundversorgungsregulierung im Sinne des Konsumentenschutzes sollen beibehalten werden. Regulierungen, die zu Risiken für die Grundversorger führen können, werden, wo sinnvoll, abgebaut.

Der Bundesrat hat zudem beschlossen, an der Abschaffung der Minimalvergütung für Solarstrom aus Photovoltaikanlagen festzuhalten. Für Anlagen unter 150 Kilowatt, die nach dem 1. Januar 2026 und vor Inkrafttreten des Stromabkommens in Betrieb genommen werden, wird die Minimalvergütung noch für drei Jahre weitergeführt. Der im Stromabkommen festgehaltene weitere Ausbau der erneuerbaren Energien wird damit nicht in Frage gestellt.

In Bezug auf die Auswirkungen des Stromabkommens auf die Nutzung der Wasserkraft hat der Bundesrat entschieden, den Sachverhalt betr. die Aspekte Konzessionsvergabe, Heimfall, Wasserzinsen und öffentliches Eigentum in der Botschaft weiter zu präzisieren.

Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit: Grenzschutz abgesichert

Im Bereich Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit wurde eine explizite Absicherung des Grenzschutzes für landwirtschaftliche Produkte und die Eigenständigkeit in der Ausgestaltung der Agrarpolitik gefordert. Diese Aspekte sind durch das Paket Schweiz–EU abgesichert, werden aber in der Botschaft weiter präzisiert. Beim Protokoll zur Lebensmittelsicherheit werden Präzisierungen zu themenspezifischen Fragen angebracht. So wird beispielsweise erläutert, dass eine Betäubungspflicht für Schlachtungen aufgrund religiöser Riten (Schächten) fortbesteht. Weitere Fragen betrafen den Handlungsspielraum der Schweiz bei der inländischen Umsetzung, etwa bei der gelegentlichen Abgabe von Lebensmitteln an Festen oder Märkten. Dafür gelten sowohl in der Schweiz wie auch in der EU erleichterte Vorschriften, wodurch sich in der Praxis nichts ändern wird. Mehrere Forderungen betreffend das Ausführungsrecht werden in die Ausarbeitung des Verordnungsrechts einfliessen. Schliesslich sind viele Bemerkungen auf Verständnisfragen zurückzuführen oder betreffen Bereiche, die nicht Gegenstand des Pakets Schweiz–EU sind. Auf diese Bemerkungen wird durch zusätzliche Erläuterungen und Präzisierungen im Botschaftstext eingegangen.

Nächste Schritte

Die betroffenen Departemente und die Bundeskanzlei wurden beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem EDA die heute beschlossenen Anpassungen vorzunehmen. Die Botschaft zum Paket «Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen Schweiz–EU (Bilaterale III)» wird vom Bundesrat voraussichtlich im März 2026 dem Parlament überwiesen.