Lärmsanierung der militärischen Schiessplätze: Sanierungen kommen voran, verzögern sich aber
Bern, 05.08.2025 — Die gesetzliche Frist zur Einhaltung der Lärmgrenzwerte auf militärischen Schiessplätzen ist per Ende Juli 2025 abgelaufen. Von den 46 Schiessplätzen mit ausgewiesenem Sanierungsbedarf sind jedoch nicht alle vollständig saniert. Gründe dafür sind der grosse planerische Aufwand, veränderte Nutzungen der Anlagen, begrenzte Fachressourcen und notwendige Priorisierungen.
Dem Lärmschutz wurde bei Bauprojekten des VBS bereits vor Inkrafttreten des Anhangs 9 Lärmschutz-Verordnung (LSV) Rechnung getragen. So werden auf militärischen Schiessplätzen seit Jahrzehnten bauliche und betriebliche Massnahmen getroffen, welche auch dem Lärmschutz dienen. Nach Inkraftsetzung des Anhangs 9 der Lärmschutz-Verordnung am 1. August 2010 hat das VBS ein Beurteilungssystem aufgebaut, um die Lärmimmissionen zu berechnen, Schusszahlen zu erheben und einen Lärmkataster aufzubauen. In den Jahren 2012 bis 2014 wurden die Lärmimmissionen aller ursprünglich rund 120 Schiessplätze grob beurteilt. Dabei wurde festgestellt, dass 46 davon saniert werden müssen.
Sanierungsarbeiten schrittweise aufgenommen
Nach der Pilotphase von 2014 bis 2016 mit vertieften Analysen auf ausgewählten Schiessplätzen wurden verschiedene lärmmindernde Ansätze geprüft – darunter betriebliche, technische und bauliche Massnahmen sowie Ersatzlösungen wie zum Beispiel Schallschutzfenster. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden die Sanierungsarbeiten auf den weiteren militärischen Schiessplätzen schrittweise aufgenommen.
Die Sanierungsfrist für den militärischen Schiesslärm konnte nicht eingehalten werden, insbesondere wegen Verzögerungen durch dynamische Nutzungsänderungen und die komplexe Lärmbeurteilung. Besonders in dicht besiedelten Gebieten ist die Lärmsanierung aufwändig, da zahlreiche Massnahmen auf ihre Verhältnismässigkeit geprüft werden müssen. Seit der Weiterentwicklung der Armee und der Umsetzung des Stationierungskonzepts per 1. Januar 2018 führten Nutzungsänderungen auf verschiedenen Waffen-, Schiess- und Übungsplätzen zu notwendigen Neubeurteilungen.
Für die nächsten fünf bis zehn Jahre belaufen sich nach aktuellen Erkenntnissen die Kosten für die Lärmschutz- und Schallschutzmassnahmen auf rund 50 Mio. Fr.
Erste erfolgreiche Lärmsanierungen
Aktuell befinden sich 16 Schiessplätze in der Konzeptphase, 15 in der Projektierung, 7 in der Bewilligungsphase und 4 in der Realisierung. 4 Projekte konnten erfolgreich umgesetzt werden. Beispiele hierfür sind:
- Gemeinsame unterirdische Schiessanlage von Bund und Kanton: Im Herbst 2024 wurde in Sion im Wallis das wegweisende Projekt «La Tranchée» eingeweiht, das für weniger Lärm auf den Schiessplätzen Pra Pardy, Vérolliez und Wolfeye sorgen wird.
- Waffenplatz Frauenfeld: Lärmsanierung und Ausbau der Schiessanlage: Die Schiessanlage in Frauenfeld wurde umfassend modernisiert, um sowohl die militärische Ausbildung zu sichern als auch die Lärmbelastung für die Anwohner und Anwohnerinnen zu reduzieren.
- Lärmsenkung in Bôle dank Schiesstunneln: armasuisse saniert militärische Schiessplätze in der ganzen Schweiz, um Anwohnerinnen und Anwohner von übermässigem Lärm zu entlasten. Genau dafür sorgen die neu installierten Lärmschutztunnel auf dem Schiessstand der Gemeinde Bôle im Kanton Neuenburg.
Vier Phasen bis zur Realisierung der Massnahmen
Eine Lärmsanierung gliedert sich in folgende vier Phasen:
- Konzeptphase: In der Konzeptphase werden als erstes die Lärmimmissionen im Detail berechnet. Die Lärmberechnungen beeinflussen alle weiteren Schritte und setzen voraus, dass die Schusszahlen sowie weitere Lärm beeinflussende Faktoren bekannt sind.
- Projektierung: Wenn das Sanierungskonzept zeigt, dass bauliche Sanierungsmassnahmen nötig und realisierbar sind, wird in der Projektierung ein Bauprojekt mit konkreten Massnahmen erarbeitet.
- Bewilligungsphase: Alle Lärmsanierungen werden im ordentlichen militärischen Plangenehmigungsverfahren (MPV) bewilligt. Im Rahmen dieses Verfahrens können Privatpersonen, Gemeinden, Kantone und Bundesbehörden ihre Interessen einbringen. Es findet eine öffentliche Auflage statt. Das Verfahren wird mit einer Plangenehmigung (Bau- und Betriebsbewilligung) abgeschlossen, die vor Bundesverwaltungsgericht mittels Beschwerde angefochten werden kann. Auch die Begrenzung von Schusszahlen oder eventuelle Ersatzmassnahmen wie der Einbau von Schallschutzfenstern müssen bewilligt werden.
- Realisierung: Die Realisierung beginnt, sobald die rechtskräftige militärische Plangenehmigung (Bau- und Betriebsbewilligung) vorliegt, alle Planungsfragen bereinigt sind und der erforderliche Zahlungskredit freigegeben ist.
Ausnahmen gemäss Lärmschutz-Verordnung
Wo keine betrieblichen, technischen oder baulichen Sanierungsmassnahmen möglich sind oder diese nicht ausreichen, um die Lärmgrenzwerte einzuhalten, sieht die Lärmschutz-Verordnung Ausnahmen – sogenannte Erleichterungen – bei der Sanierung vor. Solche werden gewährt, wenn
- die Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen oder Kosten verursachen würde;
- überwiegende Interessen namentlich des Ortsbild‑, Natur- und Landschaftsschutzes, der Verkehrs- und Betriebssicherheit sowie der Gesamtverteidigung der Sanierung entgegenstehen.
Die Armee bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen der zwingend notwendigen Ausbildung zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und den gesetzlich vorgegebenen Lärmgrenzwerten. Realitätsnahes Training verursacht Emissionen, die nicht an allen Standorten vollständig auf das vorgeschriebene Niveau reduziert werden können. Lärm wird zudem individuell unterschiedlich wahrgenommen. Wo bauliche oder technische Massnahmen an Grenzen stossen, werden Ersatzlösungen umgesetzt, um die Belastung für die Bevölkerung dennoch spürbar zu mindern. Ziel bleibt, die Verteidigungsbereitschaft zu stärken und gleichzeitig die Auswirkungen auf das Umfeld so weit wie möglich zu reduzieren.