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Sicherheitsoffizier in der UNMAS

Lucas Orlik befindet sich seit über einem halben Jahr in Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo. Als Sicherheitsoffizier im Minenräumungsprogramm der UNO verfolgt er die Lage im Einsatzraum, beurteilt die Situation vor Ort und führt Ausbildungssequenzen durch. Seine früheren Einsätze in der militärischen Friedensförderung helfen ihm hier bei der erfolgreichen Bewältigung seiner Aufgaben. Im Interview berichtet er über sein Engagement vor Ort.

12.08.2021 | Kommunikation SWISSINT, Daniel Seckler

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Herr Orlik, Sie arbeiten zurzeit in der Demokratischen Republik Kongo für das UNO-Minenräumungsprogramm (UNMAS) unter der Mission MONUSCO. Welche Funktion haben Sie und was sind Ihre Aufgaben?

Innerhalb des UNMAS-Programms in der Demokratischen Republik Kongo stehe ich in der Funktion des Sicherheitsoffiziers im Einsatz. Damit bin ich für die Sicherheit aller Angehörigen der UNMAS im Einsatzgebiet mitverantwortlich. Zu meinen Aufgaben zählen hier unter anderem die Lageverfolgung, die Analyse der Situation vor Ort sowie auch das Durchführen praktischer Ausbildungen, wie beispielsweise die Handhabung von Funkgeräten. Zudem fungiere ich auch als Ratgeber in Sicherheitsfragen zu Gunsten der Programmmanagerin. 

Wie sieht ein typischer Alltag von Ihnen aus?

In der Regel beginnt mein Tag mit dem Prüfen der eingegangenen Mails, dazu gehört auch das Lesen unterschiedlicher Berichte wie auch das eigenständige Informieren bezüglich der Sicherheitslage vor Ort. Weiter sind verschiedene administrative Tätigkeiten zu erledigen, wie zum Beispiel das Versenden von Standortlisten oder, was mich im Moment beschäftigt, das Überarbeiten und Aktualisieren der sicherheitsrelevanten Dokumente. Hier gilt es auch für die UNMAS, die Lehren aus dem Vulkanausbruch im Mai dieses Jahres zu ziehen. Hinzu kommen die Vorbereitungen und Teilnahme der verschiedenen Meetings, an welchen ich zurzeit online teilnehme. 

Sie haben den Ausbruch des Vulkans Nyiragongo angesprochen. Wie haben Sie diesen erlebt?

Den Vulkanausbruch habe ich nicht direkt vor Ort erlebt, da ich mich zu diesem Zeitpunkt in der Schweiz aufgehalten habe. Die Folgen dieses Ereignisses stellten jedoch für alle Personen und Organisationen rund um Goma eine enorme Herausforderung dar und die UNMAS war damit auf die Unterstützung aller Mitarbeitenden angewiesen. Von der Schweiz aus war ich daher mitverantwortlich für die Evakuierung des Personals aus der Gefahrenzone und habe dabei die Programmleitung unterstützt. Dank der räumlichen Distanz konnte ich auf einige Punkte hinweisen, welche in der angespannten Situation ansonsten untergegangen wären. Weiter habe ich regelmässig an den Lagerapporten teilgenommen und versucht mit etwas Struktur und Vorausplanung möglichst optimale Voraussetzungen für die anstehenden Aufgaben zu schaffen. Mitzuhelfen, dieses Ereignis zu überstehen, sehe ich als prägend und bleibend an. Rund zwei Wochen später kam ich wieder in Goma an und sah die Spuren des Vulkanausbruchs, dessen Lavastrom glücklicherweise am Stadtrand zum Stehen gekommen ist. 

Welches sind Ihre grössten Herausforderungen?

In der Demokratischen Republik Kongo ist auch weiterhin die Corona-Pandemie eine der grossen Herausforderungen – gegen Ende Juni dieses Jahres erfuhr Subsahara-Afrika die dritte Welle. Für uns bedeutet dies, dass damit physische Training, wie beispielsweise im Sanitätsdienst, weiterhin nicht möglich sind. Ebenfalls führt die aktuelle Situation dazu, dass wir weiterhin mehrheitlich im Home-Office – also von unserer Unterkunft in Goma aus – arbeiten und am Abend und in der Nacht eine landesweite Ausgangssperre besteht. 

Was waren Ihre ersten Eindrücke vom Einsatzgebiet?

Trotz der intensiven Vorbereitung haben mich die Verhältnisse vor Ort überrascht. Für mich ist dies der erste Einsatz in Afrika und somit waren die Eindrücke mannigfaltig. Was mich am meisten beeindruckt hat und mich immer noch erstaunt, ist die schiere Grösse dieses Landes, welches den viertgrössten Staat auf dem afrikanischen Kontinent darstellt. 

Wie wurden Sie für Ihren Einsatz ausgebildet?

Direkt vor dem Einsatz habe ich den Einsatzvorbereitungskurs bei SWISSINT absolviert und wurde dabei auf die Situation im Einsatzgebiet vorbereitet: Umweltrisiken, Kriminalität oder auch logistische Gegebenheiten wurden dabei unter anderem thematisiert. Da mein aktueller Einsatz jedoch nicht meine erste Beteiligung in der militärischen Friedensförderung darstellt, konnte ich auch militärisches und ziviles Fachwissen von den vorhergehenden Ausbildungen mitnehmen. Zum Beispiel vom UNO-Militärbeobachterkurs SUNMOC oder von der Einsatzvorbereitung für die Missionen auf dem Balkan. 

Helfen Ihnen die Erfahrungen, die Sie während Ihren früheren Auslandseinsätzen gesammelt haben, in Ihrer aktuellen Funktion?

Auf jeden Fall. Ich kann aus meinen verschiedenen vorhergehenden Funktionen angelerntes Wissen anwenden. Sei dies als ehemaliges Mitglied eines Beobachtungsteams im Kosovo (SWISSCOY/KFOR LMT) oder in Bosnien-Herzegowina (EUFOR LOT), als UNO-Militärbeobachter oder als Verbindungsoffizier: all diese Funktionen kommen mir hier zugute. Die Eigenschaften eines LMT sind beispielsweise gefragt, wenn ich im Austausch mit der Bevölkerung stehe. Ausserdem ist die Fähigkeit, als Verbindungsoffizier auch heikle Themen diplomatisch ansprechen zu können, immer wieder gefragt und das Mindset eines Militärbeobachters, stehts aufmerksam zu sein und Veränderungen wahrzunehmen, gehört für mich in einem solchen Umfeld einfach dazu. Die Erfahrungen, die ich in meinen früheren Einsätzen sammeln konnte, bieten mir hier also einen Vorteil. 

Bringt Ihnen Ihr Einsatz einen Mehrwert für Ihre berufliche Karriere oder die persönliche Entwicklung?

Ich bin überzeugt davon, dass jeder Einsatz einiges zur persönlichen Entwicklung beiträgt, was sich auch im beruflichen Umfeld nutzen lässt. Man lebt über längere Zeit in einem fremden Land, muss sich täglich mit neuen Situationen auseinandersetzen und hat die Möglichkeit völlig neue Kulturen und Leute kennenzulernen. All dies wird mir auch in meinem kommenden beruflichen Umfeld bei der Polizei helfen. 

Was war Ihre Motivation, um diesen Einsatz in der militärischen Friedensförderung zu leisten?

Für mich war nach meinem letzten Einsatz für die UNO im Nahen Osten klar, dass ich gerne nochmals eine ähnliche Aufgabe übernehmen möchte. Nun hat sich nach der Abgabe meiner Panzersappeurkompanie und vor dem Eintritt in die Polizeischule ein Zeitfenster ergeben, um diese Idee in die Tat umzusetzen. 

Wie und wem würden Sie einen solchen Einsatz weiterempfehlen?

Grundsätzlich würde ich allen Angehörigen der Armee einen Einsatz in der militärischen Friedensförderung empfehlen, welche sich gerne in neuen, herausfordernden und spannenden Situationen wiederfinden möchten. Als möglicher Einstieg können die Missionen im Kosovo und Bosnien-Herzegowina dienen. Für mich wichtig mitzugeben ist, dass die Missionen der UNO organisatorisch anders laufen und aufgebaut sind und insbesondere Geduld im Umgang mit der Verwaltung und der Bürokratie innerhalb der UNO gefragt ist.


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