Als Logistics Advisor der UNMAS im Südsudan
Im Bereich der humanitären Minenräumung unterstützt die Schweizer Armee verschiedene Missionen des United Nations Mine Action Service (UNMAS). Eines davon ist das Engagement im Südsudan. Hier arbeitet auch Guillaume Dondénaz als Logistics Advisor.
05.04.2021 | Kommunikation SWISSINT, Daniel Seckler

Herr Dondénaz, aktuell befinden Sie sich im Südsudan und unterstützen dort die UNMAS in der Funktion als Logistics Advisor. Was sind Ihre Aufgaben?
Als Logistics Advisor bin ich für die Verwaltung und Bewirtschaftung der Ausrüstung und des Verbrauchsmaterials des UNMAS-Programms zuständig. Dazu gehört das Beurteilen des allgemeinen Zustandes, das Lagern an einem bestimmten Standort sowie die ordnungsgemässe Entsorgung des Materials am Ende seiner Lebensdauer. Über diese Punkte erstatte ich Bericht zugunsten des Peace and Security Centre des United Nations Office for Project Services (UNOPS) sowie der UNMAS. Zu meinen Aufgaben zählt aber auch meine Kollegen bei ihrer täglichen Arbeit in den Bereichen Logistik und Transport zu unterstützen. Darüber hinaus vertrete ich ebenfalls meinen Vorgesetzten in seiner Abwesenheit. Dies erfordert zusätzliche Kenntnisse in den Bereichen Finanzen sowie dem Beschaffungs- und dem Personalwesen.
Wie sieht ein typischer Alltag von Ihnen aus?
Kein Tag ist wie der andere. Dennoch starte ich jeweils mit einem Kaffee in den Tag und lese die Zeitung, um auf dem Laufenden zu sein und zu wissen, was im Südsudan vorgeht. Danach geht’s ins Büro, noch bevor meine Kollegen eintreffen, sodass ich einen Blick auf die E-Mails werfen kann, die über Nacht zum Beispiel aus New York eingetroffen sind. So kann ich allfällige Änderungen am Tagesplan vornehmen. Um 8.15 Uhr nehme ich an der täglichen Einsatzbesprechung teil, um zu sehen, ob jemand Unterstützung benötigt oder Beanstandungen vorzubringen hat. Anschliessend folgen mehrere Online-Rapporte und administrative Arbeiten. Dazwischen freue ich mich jeweils, wenn ich die Arbeit im Büro unterbrechen kann und jemand ein Gerät oder sonstige Ausrüstung benötigt – so kann ich zum Containerlager gehen und das benötigte Material holen. Wo sich bestimmtes Material befindet und in welchem Zustand dieses ist, wird in einer Software erfasst. Dies ermöglicht es unseren vorgesetzten Stellen (der UNMAS und UNOPS) in Echtzeit Daten über sämtliches Material zu haben, welches in den verschiedenen Missionen der humanitären Minenräumung weltweit eingesetzt wird. Diese Daten helfen aber auch meinem Team und mir, die halbjährlichen Berichte zu erstellen sowie beispielsweise beim Suchen eines bestimmten Fahrzeugs für die Fahrzeugkontrolle. So sieht mein Tag in der Regel bis etwa 17 Uhr aus – anschliessend treffe ich mich normalerweise mit Kollegen zum Essen.
Wie wurden Sie für Ihren Einsatz ausgebildet?
Bei SWISSINT erhielt ich Ausbildungen, die sehr interessant waren und perfekt die Einsatzgrundlagen abdeckten – sei dies Erste Hilfe, Informationen über das Einsatzland oder Wissen über die UNO. Da jede Mission der UNMAS seine Logistic Advisors ein wenig anders einsetzt, werden die spezifischen Missionskenntnisse und -eigenheiten direkt vor Ort erworben.
Sie haben bereits mehrere Einsätze in der militärischen Friedensförderung geleistet. Wo waren Sie bisher im Einsatz und wie helfen Ihnen diese Erfahrungen in Ihrer aktuellen Funktion?
Ich habe mehrere Einsätze im Kosovo in der SWISSCOY absolviert und habe ebenfalls ein halbes Jahr in Bosnien-Herzegowina bei der EUFOR verbracht. Ausserdem engagierte ich mich bereits zwei Jahre zugunsten der UNMAS in der Demokratischen Republik Kongo, wo ich in einer intensiven dreimonatigen Schulung die Feinheiten der UNOPS in allen Bereichen des Support Services kennenlernte. Gerade Letzteres hat mir zu Beginn meines jetzigen Engagements bei meinen täglichen Aufgaben enorm geholfen.
Welches sind Ihre grössten Herausforderungen?
Die Planung. Man weiss nie, was der nächste Tag bringen wird. Ich kann Einsatzpläne für mehrere Tage im Voraus machen – aber meistens rutscht dann eine Kleinigkeit dazwischen.
Was waren Ihre ersten Eindrücke vom Einsatzgebiet?
Bei meiner Ankunft war ich überrascht vom «organisierten» Chaos im Ankunftsbereich am Flughafen in Juba – obschon ich darauf in der Einsatzvorbereitung hingewiesen wurde. Die Empfangshalle war ein Zelt voll mit zusammengedrängten und herumschreienden Menschen. Das Gepäck wurde mit einem Traktor gebracht, den wir in der Schweiz zum Pflügen von Feldern verwenden. Und all dies in einer brütenden Hitze.
Bringt Ihnen Ihr Einsatz einen Mehrwert für Ihre berufliche Karriere oder die persönliche Entwicklung?
Jede Erfahrung hat mich ein wenig verändert und jeder Einsatz hat mir immer «neue Karten» gegeben, die ich nun beruflich und auch privat nutzen kann. Die Arbeit in einem solchen kulturellen Umfeld hat mich viel ruhiger und gelassener gemacht, als ich es bei meinem ersten Einsatz im Jahr 2006 war.
Gibt es ein prägendes Erlebnis oder ein Highlight aus Ihrer bisherigen Zeit im Einsatz?
Als unsere «MineWolfs», die Maschinen zur mechanischen Beseitigung von Landminen und anderen Sprengkörpern, überholt werden mussten, hatte ich das Glück, dass ich dem Techniker assistieren durfte. Teilweise werden für die Inspektion zwei Personen benötigt – der eine fährt und der andere überprüft, ob die Mechanik richtig funktioniert. Der Techniker gab mir also eine kurze Einweisung in die Handhabung der Maschinen: Einer der MineWolfs kann mit einer Fernbedienung gesteuert werden, während man beim anderen zum Fahren in der Kabine sitzen muss. Dies war ein sehr erlebnisreicher und interessanter Nachmittag, sowohl persönlich als auch beruflich.
Welche Voraussetzungen muss man für die Funktion des Logistics Advisors mitbringen?
Es ist wichtig aufgeschlossen und flexibel zu sein sowie bis zu einem gewissen Mass die Büroautomation zu beherrschen. Ausserdem ist es wichtig, auf Änderungen in letzter Minute vorbereitet zu sein und sich schnell anpassen zu können.
Was war Ihre Motivation, um diesen Einsatz in der militärischen Friedensförderung zu leisten?
Eine neue Herausforderung anzugehen, welche mit einem Abenteuer verbunden ist, fällt mir als erstes zu dieser Frage ein. Aber nicht nur das: Nach so vielen Einsätzen auf dem Balkan stellte es auch eine willkommene Abwechslung dar nach Afrika zu gehen. Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass wir während eines Einsatzes mit der UNMAS versuchen das Beste aus uns herauszuholen – und dabei haben wir, mehr oder weniger, die Freiheit es nach unseren eigenen Methoden zu tun.