SWISSCOY Update - Prizrens Frühwarnsystem
«Es ist wichtig, dass wir von der Bevölkerung als unvoreingenommen wahrgenommen werden», erklärte Fachoffizier Yannick Stalder einen der zentralen Erfolgsfaktoren als Liaison and Monitoring Team im Kosovo. Weil die KFOR in den vergangenen Jahren die kinetischen Elemente reduzierte, ist es umso wichtiger, Spannungsfelder in der Bevölkerung früh zu erkennen. Die Schweizer geniessen dank bekannter Neutralität einen besonders guten Ruf und haben engen Kontakt zur Bevölkerung. Das hilft ihnen bei der Arbeit als Augen und Ohren der KFOR.
10.08.2021 | Fachoffizier Michelle Steinemann, Presse- und Informationsoffizierin SWISSCOY 44

Draussen auf Prizrens Strassen erwacht das Leben. Es ist noch frühmorgens, aber der Berufsverkehr nimmt bereits zu und die Leute laufen geschäftig durch die Stadt. Drinnen im Haus des Liaison and Monitoring Teams (LMT) machen sich vier Angehörige der SWISSCOY bereit für den Tag. Auf dem Programm stehen zwei Meetings, wobei eines mit einem Imam und eines mit einer Angestellten der Stadt Prizren geplant ist. Das Telefon klingelt und der Imam sagt aus privaten Gründen kurzfristig ab. Fachoffizier Yannick Stalder, stellvertretender Team Commander, nimmt dies gelassen hin: «Flexibel zu sein, ist für unsere Arbeit das A und O. Dann rufen wir halt einen anderen Imam an. » Eine Viertelstunde später ist klar, dass dieser Zeit hat und sich auf den Besuch freut.
Vorbereitet erscheinen zum Gespräch
Nachdem Fachoffizier Stalder kurz über den Tagesablauf informiert hat, bereiten sich die LMT-Angehörigen auf die anstehenden Gespräche vor. Dazu lesen sie die Berichte der vergangenen Gespräche und notieren zu besprechende Punkte. Wenn die LMT gut vorbereitet sind und ihre Fragen ans letzte Gespräch anknüpfen, können sie am meisten aus einem Treffen herausholen. Diese gewissenhafte Vorbereitung schlägt sich auch in der Qualität der Berichte an die vorgesetzte Stufe nieder. Leutnant Cédric Lanz meint dazu: «Wenn die aufeinanderfolgenden LMT ihre Kontakte halbjährig dasselbe fragen, fühlen diese sich nicht ernst genommen. Im Gegensatz dazu freuen sie sich umso mehr, wenn man informiert ist und zeigen sich entsprechend offen und kooperativ.»
Erstgespräch ohne Notizen
Das Gespräch mit dem Imam ist ein Erstgespräch, weshalb sich der erfahrene Fachoffizier entscheidet, erstmal keine Notizen zu machen, sondern den Fokus auf den Beziehungsaufbau zu legen. Dies glückt ihm, denn der Imam möchte Leutnant Lanz und ihn gar nicht mehr gehen lassen und lieber gerne weitere Geschichten aus dem Koran erzählen. Stalder zeigte sich zufrieden: «Für ein erstes Gespräch war es erfolgreich. »
Puls der Bevölkerung fühlen
Zeitgleich zum Treffen beim Imam, waren Soldat Milena Wiedersheim und Wachtmeister Aline Brülisauer bei einer Angestellten der Stadt Prizren, die sich für Minderheiten einsetzt. Soldat Wiedersheim möchte gerne wissen, wie sie mit ihren Projekten vorankommt seit der letzten Zusammenkunft. Dabei bemerkte sie, dass die bereits etwas ältere Frau von ihrer Arbeit mitgenommen ist. Schliesslich setzte sie sich zeitlebens für die Gleichstellung von Kindern, Frauen und Personen mit besonderen Bedürfnissen ein, wobei die Fortschritte klein ausfielen. Umso grösser war ihre Freude, dass zu diesem Gespräch zwei Frauen in Schweizer Uniform kamen. Das zeigte ihr, dass Soldat Wiedersheim und Wachtmeister Brülisauer als Frauen gleich behandelt werden wie ihre männlichen Kollegen.
Schweizer LMT geniessen grosse Anerkennung
Die Bevölkerung Prizrens anerkennen und schätzen die Arbeit der LMT mehrheitlich. «Natürlich gibt es einzelne unserer Kontakte, die uns aufgrund ihrer Tätigkeiten nicht gerne Auskunft geben», meint Stalder. Dennoch seien die Schweizer LMT verglichen mit anderen Nationen besonders angesehen. Fachoffizier Stalder erklärt sich das folgendermassen: «Nebst der allen bekannten Neutralität haben wir eine vergleichsweise hohe Allgemeinbildung und auch ausreichend politische Kenntnisse. » Auch das diplomatische Feingespür, das die Schweizerinnen und Schweizer mitbringen, bemerke man bei der Arbeit. Er beurteilt dies beispielhaft:
Wir Schweizer reagieren sensibel auf jegliche Art von Korruption, weil man dies bei uns nicht kennt.
Fachoffizier Yannick Stalder, Stellvertretender Team Commander
Beobachtungen zu Papier bringen
Am Nachmittag findet sich das Team wieder im LMT Haus ein. Dann gehen sie daran, das Beobachtete in einem Debriefing zu diskutieren. Was könnten die Aussagen bedeuten? Was wären mögliche nächste Schritte? Die Beobachtungen und Analysen werden in Berichten festgehalten. Die gesammelten Berichte werden anschliessend an die vorgesetzte Stufe, der Regional Command West, weitergeleitet. Diese fassen alle Berichte der verschiedenen Standorte zu einem Lagebild zusammen, welches der KFOR als Stimmungsbild der Bevölkerung dient.
Sport zum Abschalten
Nach der Arbeit macht das Team noch zusammen Sport. Im «Bärengraben», dem Innenhof des Hauses, schaltet Yannick Stalder das Tabata-Audio ein, um das Fitnessprogramm aus dem Charlie Bravo, die Truppenzeitung des Kontingents, zu durchlaufen. Anschliessend gibt es auf der Dachterrasse Grilladen zum Abendessen, schliesslich haben sie einen neuen Grill. Bei den Gesprächen können sie den Tag revue passieren lassen und die Kameradschaft pflegen. So sind die bereit für den nächsten Arbeitstag als Augen und Ohren der KFOR.
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