SWISSCOY Update - Unterwegs in Zubin Potok
Knapp eine Stunde dauert die Fahrt vom Camp Novo Selo nach Zubin Potok. Diese Strecke ist den Angehörigen des Liaison and Monitoring Teams (LMT) K4 bestens bekannt – die Gemeinde im Norden des Kosovos gehört zu ihrem Zuständigkeitsgebiet, die Area of Operation (AOO). Zubin Potok ist ländlich und kleine Dörfer säumen die Strasse. Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Gegend nicht von anderen Ortschaften im Kosovo. Doch in Zubin Potok ist vieles anders.
08.02.2021 | PIO SWISSCOY Kontingent 43, Fachof Christian Busenhart und Wm Laura Marty

Es ist grau und regnerisch, als wir vom Camp Novo Selo in Richtung Zubin Potok losfahren. Oberwachtmeister Joe Cara, Warrant Officer des Teams, steuert den typischen weissen Geländewagen der SWISSCOY mit der LMT-Aufschrift durch den Morgenverkehr. Ebenfalls im Auto sitzt Hauptmann Erdal Özhan, Team Commander des LMT Zubin Potok. Kaum einer kennt die Gegend und seine Eigenheiten so gut wie er, denn es ist bereits sein drittes Kontingent in dieser AOO. Während wir weiter und weiter in den Norden fahren, wird die matschig braun-graue Landschaft langsam weiss. Schnee bedeckt Bäume und Felder, das Gebiet präsentiert sich als schönes Winter Wonderland. Wir sind auf dem Weg zum Dorf Cabra, welches am Fluss Ibar liegt. Es ist das einzige Dorf in der AOO, in dem ausschliesslich Kosovo-Albaner leben, die restlichen Ortschaften der Gemeinde Zubin Potok sind von Kosovo-Serben bewohnt. Wir halten auf dem Dorfplatz an und Hptm Özhan erzählt uns die tragische Geschichte dieses Dorfes, welches im Kosovokrieg 1999 vollständig zerstört wurde. Mit der Unterstützung internationaler Organisationen wurde es nach dem Krieg wieder aufgebaut und die Bewohner konnten unter dem Schutz der Truppen wieder zurückkehren. Doch es kehrte keine Ruhe in dieser Gegend ein: Verschiedene ethnisch motivierte Verbrechen und die darauffolgenden emotionalen Berichterstattungen resultierten am 17. März 2004 zu einem mehrtägigen Ausbruch von Ausschreitungen und Gewalt – bekannt als die Märzunruhen im Kosovo.
Es gibt aber auch positives aus Cabra zu berichten. «Vor einigen Jahren eröffnete eine Frau aus dem Dorf eine Bäckerei», erzählt Hptm Özhan. «Sie produzieren und verkaufen dort zum Beispiel leckeres Baklava. Der Betrieb ist stetig gewachsen und es werden ausschliesslich Frauen mit schwierigen Lebenssituationen angestellt. Mittlerweile wird ihre Ware in den ganzen Kosovo geliefert.» Nach einem kurzen Fussmarsch und nur wenige hundert Meter von Cabras Dorfplatz entfernt erreichen wir die Osman Rama Schule. Dort erwarten uns bereits Fachoffizier Michel Frischknecht und Soldat David Sipek. Sie gehen voraus und organisieren uns den Zutritt zur Schule. Der Hausmeister empfängt uns und zeigt eine grosse Fotowand, wo Bilder die Geschichte des Dorfes illustrieren. Auf vielen sind Soldaten zu sehen, die mithelfen beim Aufbau, Nahrungsmittel verteilen oder mit Kindern aus dem Dorf Fussball spielen. Die KFOR hat hier einen sehr guten Ruf und auch das LMT K4 wird gerne gesehen. Kürzlich initiierte die KFOR ein Projekt, bei dem ein Spielplatz für die Schule gebaut wurde. Gerne hätte uns der Hausmeister einen Kaffee angeboten, doch seit zwei Tagen ist im Dorf der Strom ausgefallen – keine Seltenheit in dieser Gegend.
Wir setzen unsere Fahrt fort und begeben uns ins Field Office des LMT, welches im Zentrum des Städtchens Zubin Potok liegt. Dort erzählt uns das Team mehr über die Eigenheiten ihres Zuständigkeitsgebiets. «Im Gegensatz zu den kosovo-albanischen Gebieten wird die KFOR-Präsenz innerhalb der der kosovo-serbischen Bevölkerung argwöhnischer angesehen, was wir auch hier in Zubin Potok manchmal spüren», erklärt Obwm Cara und Hptm Özhan ergänzt: «Bei Meetings gehen wir daher sehr behutsam mit den Kontakten um. Einfach mal anrufen und um ein Gespräch bitten funktioniert hier nicht. Aber genau diese Herausforderung stellt die Arbeit als LMT dar. Manchmal bezahlt sich unsere Beharrlichkeit auch aus und wir können kleine Erfolge feiern. Im Endeffekt bringt nur schon unsere Anwesenheit und Sichtbarkeit hier etwas Stabilität und dies ist ebenso wertvoll.»
Wir beenden unseren Besuch mit einer Fahrt zum bekannten Gazivodesee, ein Stausee, welcher Teils in kosovarischem und Teils in serbischem Gebiet liegt. Wegen dichtem Nebel bleibt uns aber die Sicht auf den sonst türkisblauen See verwehrt. Auf der Rückfahrt bestätigen uns Fachof Frischknecht und Sdt Sipek was auch bereits ihr Team Commander gesagt hat: Sie haben ein tolles Team und verstehen sich sehr gut untereinander. Man merkt, dass sie trotz COVID-19 eine gute Zeit im Einsatz erleben.
Link
Jobs in der Friedensförderung