SWISSCOY Update - Als Chief Nurse bei der SWISSCOY
Eine professionelle medizinische Versorgung aller Angehörigen der SWISSCOY ist unerlässlich. Zusammen mit Kameradinnen und Kameraden aus Österreich betreibt das Schweizer Kontingent daher im Camp Film City in Pristina ein Medic Center. Dieses entspricht dem Standard einer gut eingerichteten Arztpraxis. Fünf Schweizer Fachpersonen sind dort für die medizinische Betreuung der Soldatinnen und Soldaten aus der Schweiz, Österreich und Deutschland zuständig – einer von ihnen ist Oblt André Rast. Im Interview gibt er einen Einblick in seine Arbeit als Chief Nurse des SWISSCOY Kontingents 43.
18.01.2021 | SWISSINT

André, du bist Chief Nurse im 43. Kontingent der SWISSCOY, was sind deine Aufgaben?
Als Chief Nurse bin ich das Bindeglied zwischen dem Chief Medical Officer (CMO), dem Kontingentskommandanten (NCC) und dem Medic-Team. Der CMO ist der medizinische Leiter und ich unterstütze und vertrete ihn, wenn er nicht da ist. Wir sprechen uns ab und besprechen die Patienten und die jeweiligen Behandlungen. Ich bin auch die Koordinationsstelle und erledige die ganzen organisatorischen Arbeiten. Kommt es beispielsweise zu einer medizinischen Repatriierung, führe ich die Absprachen mit der Personalchefin (S1) und dem Air Operator (Air Ops) durch.
Du hast ein Team von drei Nurses und zwei Sanitäts-Fahrern unter dir. Wie funktioniert das?
Ich führe das Team und mache die Aufgabenverteilung. Jede und jeder hat einen Verantwortungsbereich: z.B. die Apotheke, die Überprüfung der Geräte oder unsere Weiterbildung. Wir führen jeden Morgen einen Rapport, bei welchem wir sowohl das Medizinische als auch unser Tagesprogramm besprechen. Ebenfalls instruiere ich die Nurses bei der Erledigung der Aufgaben. Jemand hat beispielsweise immer Dienst im Medic-Center, die anderen arbeiten an den Pendenzen. Aktuell führen wir auch viele Weiterbildungen durch, optimieren Abläufe, richten uns ein, machen Inventarkontrollen, erledigen Reinigungsarbeiten oder tätigen Bestellungen.
Und wo liegen die grössten Herausforderungen?
Im Medic Center, welches dem militärischen Standard einer «Role 1» entspricht, arbeiten ein Schweizer und ein österreichisches Team. Bei den Kameraden aus Österreich gibt es die Funktion des sogenannten «San Spiess», der eigentlich das Pendant zu meiner Funktion innehat und das Team führt. Die Herausforderung für uns beide ist dabei, diese zwei Teams gut zu koordinieren. Darum arbeiten wir auch in gemischten Teams in Bereichen wie dem Notfalldienst oder dem Dienst im Medic Center. Manchmal sind es auch kleine Unterschiede, die unsere Arbeit komplizierter machen. So haben die Österreicher beispielsweise eine eigene Apotheke und Medikamente, die wir in der Schweiz nicht haben. Da wir Patienten der Kontingente der Schweiz, Österreich und Deutschland betreuen, braucht es Absprachen, damit das richtige Medikament verschrieben wird. Zudem haben wir andere Dokumentationssysteme. Aus diesem Grund führen wir jede Woche eine gemeinsame Teamsitzung, wo wir aktuelle Themen besprechen. Für sie ist es schlussendlich auch eine Herausforderung, dass sie bereits sechs Monate hier sind und plötzlich neue Schweizer kommen mit neuen Ideen und Vorstellungen.
Wie bist du darauf gekommen, diesen Einsatz zu leisten?
Mich hat es gereizt Führungsaufgaben wahrzunehmen. Auch das Arbeiten mit eingeschränkten Mitteln finde ich spannend und lehrreich. Hier gibt es nicht die gleiche Infrastruktur, wie in einem grossen Spital in der Schweiz, wo man alle Dienstleistungen unter einem Dach hat. So dauern gewisse Prozesse länger, als wir es uns in der Schweiz gewohnt sind. Wenn ich zum Beispiel eine Röntgenaufnahme machen will, wird diese extern durchgeführt und ich muss auf die Ergebnisse warten. Dann sind die Berichte teilweise in albanischer Sprache und müssen noch übersetzt werden – mit sowas müssen wir rechnen. Wir sind aber sehr gut aufgestellt hier und wir können auch auf Spezialisten in der Schweiz zurückgreifen.
Was für einen Beruf übst du im Zivilen aus?
Ich bin Dipl. Rettungssanitäter HF seit nunmehr zehn Jahren und arbeite 20% im Spital Uster. Zudem arbeite ich 80% im Triemlispital als dipl. Experte Anästhesiepflege NDS HF (NDS ist ein Nachdiplomstudium zwischen der höheren Fachschule und dem Bachelor).
Wie kamst du gerade auf diesen Beruf?
Ich habe ursprünglich Polymechaniker EFZ gelernt und dann eine neue Herausforderung gesucht. Ein guter Kollege hat mir von dieser Arbeit erzählt und ich konnte als Praktikant einen Tag mit dem Rettungswagen mitfahren. Der verantwortungsvolle Beruf gefiel mir auf Anhieb und ich entschloss mich, diese 3-jährige Ausbildung zu absolvieren. Seit diesem Zeitpunkt arbeite ich im Rettungsdienst. Man hat sehr viele Berührungspunkte mit dem Spital auf der Notfallstation, im Schockraum oder mit der Anästhesie im Operationssaal. So bin ich auf den Beruf der Anästhesie gekommen und arbeite seit fünf Jahren zusätzlich in diesem Fachbereich.
Die Kombination der beiden Berufe finde ich extrem spannend. Ich sehe dabei den präklinischen Bereich, wenn wir zum Beispiel einen Patienten zuhause versorgen und ins Spital transportieren. Auf der anderen Seite betreue ich instabile Patienten im Schockraum zusammen mit den Ärzten bis in den Operationssaal und gebe dann den Patienten auf der Intensivstation ab.
Was machst du, wenn du nicht gerade arbeitest?
Der Ausgleich ist für mich Sport. Wenn man den ganzen Tag im Operationssaal ist, ist dies sehr kopflastig. Dann gehe ich nach Feierabend gerne raus in die Natur, ob Wandern, Biken, Schwimmen oder Joggen. Oder ich gehe ins Crossfit oder Gym. Zudem treffe ich gerne Kollegen und gehe gerne etwas Feines essen. Auch im Einsatz versuche ich, nicht den ganzen Tag drinnen am Schreibtisch zu verbringen, sondern auch ab und zu raus zu kommen. Der Austausch mit den Leuten, auch an den Aussenstandorten, finde ich sehr wichtig. Es hilft ihnen auch, wenn sie spüren, dass da jemand ist, der sich im Notfall um sie kümmert. Ebenfalls muss auch gesehen werden, was die Sorgen der Leute sind. COVID-19 ist natürlich ein grosses Thema und da müssen manchmal auch die Gemüter etwas beruhigt werden.
Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Ich bin eigentlich wunschlos glücklich. Klar, hier ist man eher eingeschränkt, man muss sich an die Regeln halten. Aber hier im Einsatz lernt man auch das Zuhause und die Freiheiten dort wieder zu schätzen.
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