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Ein Wettlauf um die Digitalisierung

Die Digitalisierung und der Schutz vor Cyber-Angriffen sind für die Armee eine Herausforderung. Ein Rechenzentren-Verbund mit neu gebauten Zentren und den dazugehörigen Plattformen bringt die Armee grosse Schritte vorwärts.

02.03.2020 | Anna Muser, Kommunikation Verteidigung

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In den Rechenzentren reihen sich Racks mit Servern aneinander. Hier eine Szene während der Bauphase. (Fotos: FUB)

Verschiedene Prozesse der Logistikbasis der Armee (LBA) sind bereits heute digitalisiert. Das Bestellen, die Ausgabe im Hochregallager, die Buchführung und auch die Rücknahme von Armeematerial sind digitalisiert und nur dadurch mit den zur Verfügung stehenden Personen überhaupt wirtschaftlich machbar. Auch im Rahmen der Führungs- und Informationssysteme sind digitalisierte Prozesse vorhanden. Von der Planung eines Flugs bis hin zur Ausrüstung des Flugzeugs werden die Prozesse digital abgewickelt. Die daraus anfallenden Daten stehen wiederum für die weitere Nutzung zur Verfügung.

Wo die Armee noch aufholen könnte, wäre zum Beispiel, wenn Fahrzeugdaten wie der Zustand der Bremsscheiben oder die Betriebsdauer des Motors direkt von den Fahrzeugen an die LBA übermittelt würden und so die Wartung dem Zustand entsprechend geplant werden könnte. Heute folgt die Wartung einem starren Zeitplan. Wenn auch die Bereitstellung von Ersatzmaterial digitalisiert ist und das Material schon in der Werkstatt ist, wenn das Fahrzeug dort ankommt, kann die Standzeit verkürzt werden.

Aber die Digitalisierung erfolgt nicht in einem grossen Sprung, sondern in vielen kleinen Schritten. In den Startlöchern stehen bei der Armee Prozesse und Systeme, die in einem ersten Schritt (teil-)automatisiert werden: zum Beispiel die Erfassung und die Auswertung von Daten via Radar oder anderen Sensoren, die Berechnung von Flugbahndaten oder die Konfiguration der neuen IKT-Plattform (Informations- und Kommunikationstechnologie) und der dazu gehörenden Netze.

Viele Vorteile, aber auch Risiken

Die glänzende Medaille der Digitalisierung mit all ihren Vorteilen hat auch eine Kehrseite. Durch die Automatisierung und das Abstützen auf Digitalisierung werden Prozesse zu einem neuen «Angriffsvektor» im Cyberraum. So könnten Gegner Sensordaten verfälschen, Flugbahndaten ändern oder auch die Konfiguration von Kommunikationsnetzen sabotieren oder die Bestellung von Ersatzteilen unterbinden. Solche Einflussnahmen im digitalen Raum haben Auswirkungen in der realen Welt.
Auch der Ausfall von Rechenzentren oder ein Datenverlust könnte grosse Auswirkungen haben. Die Armee muss sich gegen solche Manipulationen und Ausfälle rüsten: Wenn Flugzeuge nicht mehr fliegen, Kommunikationsnetze nicht mehr funktionieren, Befehle nicht oder falsch übermittelt werden oder die Logistik eingeschränkt wird, dann sind die Führungsfähigkeit und die Leistungsfähigkeit der Armee eingeschränkt oder verloren.

Weniger ist mehr

Der Bundesrat hat Anfang Juli 2014 das Konzept für den Rechenzentren-Verbund der Bundesverwaltung genehmigt. Dafür schliessen sich verschiedene Partner zusammen, einer davon ist das BIT, das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation.

Dieser RZ-Verbund ergibt Sinn. Wir profitieren von den Kompetenzen der Armee und sie umgekehrt von uns.

Thomas Fankhauser, Vizedirektor BIT

 

«Dieser RZ-Verbund macht Sinn. Wir profitieren von den Kompetenzen der Armee und sie umgekehrt von uns», sagt Thomas Fankhauser, Vizedirektor des BIT. Damit sollen die heute vorhandenen rund 50 Rechenzentren auf vier Standorte konzentriert werden. Nur durch diese Konzentration kann die für die Digitalisierung benötigte robuste Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Synergien werden damit möglich, sodass zum Beispiel die Energieeffizienz mit grossen Rechenzentren gesteigert werden kann. Die Rechenleistung wird höher, den Betrieb können aber gleich viele Personen aufrechterhalten wie bisher. Auch die Notstromversorgung- und Kühlung der neu gebauten Zentren werden viel effizienter gestaltet als bei den bisherigen Zentren.

Technologiesprung von rund 15 Jahren

Die Armee als Gesamtsystem muss digitalisiert werden, um heute und in Zukunft bestehen zu können.

Korpskommandant Thomas Süssli, ehemaliger Chef der Führungsunterstützungsbasis

 

«Die Armee als Gesamtsystem muss digitalisiert werden, um heute und in Zukunft bestehen zu können», sagt Korpskommandant Thomas Süssli, ehemaliger Chef der Führungsunterstützungsbasis und heute Chef der Armee. Mit den neuen Rechenzentren und den dazugehörigen Plattformen werde in verschiedenen Bereichen der Digitalisierung ein grosser Schritt in diese Richtung gemacht. Die Integrität, die Vertraulichkeit und die Verfügbarkeit von Informationen werden mit der neuen Plattform bedeutend erhöht. Die Daten sind redundant vorhanden, und auch Anwendungen können gleichzeitig an verschiedenen Orten ausgeführt werden, was die Verfügbarkeit erhöht. Dies alles mit einem gewichtigen Ziel: dass die Daten dort verfügbar sind, wo Entscheidungen aufgrund einer Faktenlage getroffen werden müssen oder für den Einsatz benötigt werden.

Komplexe Bauprojekte

Beim Start der Planung für den Bau eines Rechenzenters gibt es noch viele unbekannte Faktoren. So muss eine Annahme dazu getroffen werden, wie sich der Speicherbedarf von Daten entwickeln wird. Die Digitalisierung erhöht massiv den Bedarf an Rechenkapazität. Mehr Leistung bedeutet auch mehr Energie, und dies führt zwangsläufig zu einer grösseren Abwärme, die für den stabilen Betrieb der Computer abgeführt werden muss. Die Grösse der Rechenzentren ist damit auch schwierig zu bestimmen. «Dieses Projekt vom Rechenzenter-Verbund ist an Komplexität in der Schweiz einzigartig. Auch wenn es manchmal schwierig ist, bin ich begeistert, hier mitwirken zu können», sagt Justus Bernold, Programmleiter FITANIA.

Dieses Projekt vom Rechenzenter-Verbund ist an Komplexität in der Schweiz einzigartig. Auch wenn es manchmal schwierig ist, bin ich begeistert, hier mitwirken zu können.

Justus Bernold, Programmleiter FITANIA

 

Die Armee hat einen modularen Ansatz gewählt, um keine unnötigen Vorinvestitionen zu tätigen und flexibel auf technische Veränderungen reagieren zu können. Als Beispiel kann dafür das Rechenzentrum CAMPUS in Frauenfeld verwendet werden. Es ist modular erweiterbar. Ein erstes Modul wird erstellt, und sobald der Bedarf wächst, kann die Kapazität unter laufendem Betrieb erweitert werden. Um die Wärme der Rechner nachhaltig nutzen zu können, werden die Rechenzentren wo immer möglich an Netze für Fernwärme angebunden.

Digitalisierung

Digitalisierung

Wenn Informationen als Daten verfügbar sind, diese Daten auf einer grossen Plattform zu einem Datensee zusammengeführt werden und aus dieser Unmenge von Einzeldaten durch intelligente Verknüpfung Erkenntnisse gewonnen werden, dann wird das Digitalisierung genannt.

Informationen werden heute primär elektronisch erfasst und stehen so direkt als Daten zur Verfügung. Mit Informationen aus der Vergangenheit verhält es sich nicht immer so. Beispielsweise sind noch viele Bilder aus der Luftaufklärung nur analog verfügbar, oder Gesprächsnotizen von Interviews mit Zeugenaussagen bestehen nur auf Papier. Der erste Schritt zur Digitalisierung wäre also, diese analogen Informationen in Daten umzuwandeln.

Diese Daten müssen dann auf einer gemeinsamen Plattform in einer einheitlichen Form verfügbar gemacht werden. Künstliche Intelligenz erlaubt eine automatisierte Verknüpfung und Filterung von einer Unmenge von Daten in kurzer Zeit. Aus den einzelnen Daten wird damit ein Netzwerk an Informationen. Sie können verknüpft, gefiltert und analysiert werden. Und daraus entstehen neue Erkenntnisse. Eine solche Plattform benötigt eine grosse Speicher- und Rechenkapazität, die nur mit grossen Rechenzentren im Verbund bereitgestellt werden kann. Damit ist der Rechenzentren-Verbund des Bundes ein essentielles Puzzlestück in der Digitalisierung der Bundesverwaltung und der Armee.

Das Ziel der Digitalisierung ist es, die Informationen, die zusammengehören, zusammenzubringen, sodass sie dann dort in Erscheinung treten, wo die Erkenntnisse aus den Informationen benötigt werden. Zum Beispiel, um Entscheidungen zu fällen.

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