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Nur das Wasserspringen war nach dem Kunstturnen nicht langweilig

Sie ist eine Frohnatur und Kämpferin, Michelle Heimberg, die 22-jährige Aargauer Wasserspringerin. Im Jahr 2017 hat sie in Kiew mit dem Gewinn der EM-Silbermedaille vom 3-m-Brett Geschichte geschrieben. Nun hat die Kommunikations- und Medienwissenschafts-Studentin die Olympischen Spiele 2024 in Paris im Visier. Auf dem Weg an die Seine ist die Sportsoldatin auch froh über die finanzielle Unterstützung der Armee.

06.04.2023 | Kurt Henauer, Kommunikation, Komp Zen Sport Armee

Michelle Heimberg und Turmspringen sind eins

Der Bewegungsdrang wurde Michelle Heimberg, die im Alter von vier Jahren mit dem Kunstturnen begonnen hatte, in die Wiege gelegt; ihre Mutter war Leichtathletin. Diese Sportart gefiel ihr ebenso wenig wie Schwimmen und Rudern. Im Alter von elf Jahren musste sie wegen Kniescheibenbrüchen mit dem Kunstturnen aufhören «Mein Ziel war von klein an, dass ich einen Sport machen will,  mit dem ich an die Olympischen Spiele kann», so die Aargauerin. «Nach den Kniescheibenbrüchen musste es eine knieschonende Sportart sein, aber alles war mir zu langweilig, ausser dem Wasserspringen, dort konnte ich von den Bewegungsabläufen aus dem Turnen profitieren – und es gefiel mir.» Von da an war sie nicht mehr aufzuhalten, bald stellten sich an Jugend- und Junioren-Kontinental-Titelkämpfen die ersten Erfolge ein. Dem bisherigen Höhepunkt, der EM-Silbermedaille vom 3-m-Brett als 17-Jährige bei der Elite, der ersten Medaille für die Schweiz in der bald 100-jährigen EM-Geschichte, fügte sie 2021 in Budapest EM-Silber vom 1-m-Brett sowie 2022 erneut EM-Silber vom 3-m-Brett in Rom hinzu. Auf olympischer Ebene waren 2021 der Finaleinzug und der 11. Rang die bisherigen Höhepunkte.

Grosse finanzielle Hilfe

Vor dem Olympiajahr 2021 hatte Michelle Heimberg in Magglingen die Spitzensport-Rekruten-Schule besucht. «Die Spitzensportförderung der Armee ist finanziell nicht zu unterschätzen», so die Vertreterin der olympischen Randsportart Wasserspringen, die auch im Schweizer Verband Swiss Aquatics im Vergleich zum Schwimmen ein Mauerblümchendasein fristet. «In Grossbritannien beispielsweise sind die Wasserspringerinnen vom nationalen Verband angestellt», sagt Heimberg. In diesem Jahr hat sie die 130 Spitzensport-WK-Tage, die mit Sold und Erwerbsersatz entschädigt werden, schon bestätigt. Dazu hat sie Unterstützung von der Sporthilfe. «Neben dem bin ich immer wieder auf der Suche nach kleineren Sponsoren und ich bin auch daran, einen Gönner-Club auf die Beine zu stellen», sagt die Studentin, und vergisst dabei nicht, den grossen Support der Familie und ihres Umfelds zu erwähnen.

Schwierige Wassersuche

Vom Aargau pendelt sie nach Zürich an die Uni, von dort nach Oerlikon ins Hallenbad und nach dem Training wieder nach Hause. «In Oerlikon bin ich auf den Goodwill des Bades, von Schulen und den Synchronschwimmerinnen angewiesen, damit ich die Trainingskosten tief halten kann», sagt sie. «Selber eine Anlage zu mieten, wäre zu teuer.» Ende Januar haben im neuen Hallenbad in Lausanne die Schweizer Meisterschaften stattgefunden. Michelle Heimberg hat gewonnen, mit einer Punktzahl, die sie vorher noch nie erreicht hatte. Das stimmt sie zuversichtlich für den ersten Weltcup in Xian (China), «eine Standortbestimmung», und dann die EM-Titelkämpfe im Rahmen der Euro Games in Polen sowie natürlich die WM in der zweiten Julihälfte in Fukuoka (JPN). Dort geht es um Quotenplätze für die Olympischen Spiele in Paris, dem nächsten grossen Ziel von Michelle. «In Japan gibt es für die besten Zwölf einen Quotenplatz, in Polen nur für die Siegerin», sagt Heimberg, die sich in Japan deshalb die besseren Chancen ausrechnet.

Sportpolitik interessiert sie immer mehr

Vor einigen Wochen hat die IG Sport Aargau den Aargauer Sportrat auf die Beine gestellt. Ein Mitglied davon ist Michelle Heimberg, die in ihrem Sport praktisch als Einzelkämpferin unterwegs ist und ihre Trainerin Beatrix Szakadati aus der eigenen Tasche bezahlt. «Als aktive Spitzensportlerin weiss ich, was es für den Erfolg braucht. Ich will andere Athletinnen und Athleten unterstützen, der Politik und den Behörden aufzeigen, was dazu nötig ist, zum Beispiel an Infrastruktur.» Im nationalen Verband ist sie auf dem Sprung in die Athletenkommission, die Wahl erfolgt am 22. April. Das führt zur Frage, ob sie Sportpolitik interessiere? «Ja, Sportpolitik interessiert mich immer mehr, weil ich auf meinem Weg viel gesehen und gelernt habe.» Doch vorerst steht die Wettkampf-Karriere noch im Zentrum, mit dem Weltcup in Xian, der vom 14. bis 16. April stattfindet – und natürlich den Olympischen Spielen 2024 in Paris.


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